Mundgesundheit und entzündliche Darmkrankheit – der Zusammenhang

Die Mundgesundheit kann durch entzündliche Darmerkrankungen beeinträchtigt werden und umgekehrt. Hier erfährst du mehr über diesen Zusammenhang.
Mundgesundheit und entzündliche Darmkrankheit – der Zusammenhang
Vanesa Evangelina Buffa

Geprüft und freigegeben von der Zahnärztin Vanesa Evangelina Buffa.

Geschrieben von Vanesa Evangelina Buffa

Letzte Aktualisierung: 24. Februar 2023

Wusstest du, dass eine entzündliche Darmkrankheit die Mundgesundheit beeinträchtigen kann? Diese immer häufiger diagnostizierte Pathologie hat eine enge Beziehung zur Mundhöhle. Und in diesem Artikel erzählen wir dir davon.

Morbus Crohn und andere chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) betreffen den Verdauungstrakt. Die bekanntesten Symptome dieser Krankheiten sind Durchfall, Bauchschmerzen, Anämie, Gewichtsverlust und Müdigkeit. Aber auch Erscheinungen im Mund sind möglich.

Deshalb ist es sehr wichtig, dass du deinen Zahnarzt/deine Zahnärztin informierst, wenn du an dieser Krankheit leidest. So kann er/sie auf die oralen Manifestationen achten und dabei helfen, den Mund gesund zu halten.

Es gibt auch Theorien, die besagen, dass der Zustand des Mundes die Entwicklung von Verdauungskrankheiten beeinflusst. Lies weiter, um mehr darüber zu erfahren

Der Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und entzündlicher Darmkrankheit

Entzündliche Darmerkrankungen sind eine Gruppe von Erkrankungen, die den Verdauungstrakt betreffen; hauptsächlich den Darm. Die beiden häufigsten Formen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

Colitis ulcerosa betrifft hauptsächlich den Dickdarm. Morbus Crohn hingegen kann sich in jedem Teil des Verdauungstrakts äußern, vom Mund bis zum Anus. Die letztgenannte Krankheit hat also einen engeren Bezug zur Mundhöhle.

Bei den Patient/innen handelt es sich in der Regel um junge Menschen im Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Die Pathologien sind chronisch und verursachen Durchfall, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust und rektale Blutungen. Allerdings können sie sich auch in anderen Teilen des Verdauungstrakts manifestieren. Dazu gehört auch der Mund.

Die Symptomatik entsteht als Folge einer Autoimmunreaktion auf den Magen-Darm-Trakt. Die Darmentzündung wird durch einen unbekannten Erreger ausgelöst.

Der Ursprung dieses Problems ist noch nicht geklärt. Es gibt mehrere Faktoren, die ihr Auftreten begünstigen könnten, z. B. genetische Bedingungen oder Umweltelemente.

Es gibt Positionen, die die Mikroorganismen, die Krankheiten im Mund verursachen, mit Darmerkrankungen in Verbindung bringen. Tatsächlich gibt es Untersuchungen, die einen engen Zusammenhang zwischen entzündlichen Darmerkrankungen und Mundgesundheitsproblemen wie Parodontitis, Karies und oralen Infektionen zeigen.

Allerdings ist nicht klar, wie dieses Problem im Verdauungstrakt entsteht. Hier sind einige der Theorien, die entzündliche Darmerkrankungen mit der Mundgesundheit in Verbindung bringen.

Mundgesundheit und entzündliche Darmkrankheit: Konkurrierende Theorien

Eine der Theorien, die einen Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen herstellen, geht davon aus, dass die Symptome im Mund den Symptomen im Verdauungstrakt vorausgehen. So können Entzündungen im Mund vor Entzündungen im Darm auftreten. Wenn man auf Störungen im Mund achtet, können Verdauungsprobleme frühzeitig diagnostiziert werden.

Andererseits gibt es auch Theorien, die versuchen, den Ausbruch von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zu erklären, und die davon ausgehen, dass eine gute Mundhygiene ihre Entstehung begünstigen könnte. Anders als bei anderen systemischen Erkrankungen, bei denen eine schlechte Mundhygiene die Symptome verschlimmert, ist es hier eine gute Zahnreinigung, die die Verdauungsstörung auslösen könnte.

Diejenigen, die diese Hypothese vertreten, erklären, dass die Verringerung der Keime im Mund von klein auf mit der Zunahme von entzündlichen, allergischen und Autoimmunerkrankungen zusammenhängen könnte. Bei richtiger Mundhygiene wäre man weniger Infektionserregern ausgesetzt.

Dies würde ein mikrobielles Ungleichgewicht verursachen, das die Etablierung der Immuntoleranz beeinträchtigen und die Entwicklung von Krankheiten begünstigen könnte. Für diesen Zusammenhang gibt es jedoch nur wenige Belege.

Im Gegensatz zu der vorherigen Position finden mehrere Studien einen Zusammenhang zwischen schlechter Mundgesundheit und entzündlichen Darmerkrankungen. Tatsächlich können eine beginnende Parodontitis und eine Zunahme von pathogenen Keimen im Mund Morbus Crohn und Colitis ulcerosa verschlimmern.

Denn diese Mikroorganismen wandern durch den Verdauungstrakt und lösen Entzündungsreaktionen im Darm aus. Deshalb ist es keine gute Idee, die Mundgesundheit zu vernachlässigen.

Mundgesundheit und entzündliche Darmkrankheit - Schaubild Darm
Bakterien sind im Verdauungstrakt fast allgegenwärtig, so dass eine Störung der Mikrobiota zu Krankheiten im Mund und im Darm führen kann.

Die Auswirkungen von entzündlichen Darmerkrankungen auf die Mundgesundheit

Entzündliche Darmerkrankungen können sich in der Mundhöhle manifestieren und die Mundgesundheit beeinträchtigen. Während sich die meisten Symptome auf den Verdauungstrakt konzentrieren, kann der Mund einige damit zusammenhängende Probleme aufweisen.

Wunden im Mund

Geschwüre im und um den Mund sind eine der häufigsten oralen Erscheinungsformen von entzündlichen Darmerkrankungen. Manchmal sind sie sogar eines der ersten Symptome der Krankheit, bevor der untere Verdauungstrakt geschädigt wird.

Mundgeschwüre oder aphthöse Ulzerationen sind schmerzhafte Geschwüre an der Mundschleimhaut. Sie erscheinen gelblich-weiß und sind von einem roten entzündlichen Rand umgeben.

Sie bilden sich an den Wangen, der Zunge, den Lippen und um das Zahnfleisch. Bei Patient/innen mit Colitis ulcerosa treten aphthöse Geschwüre oft während eines Schubes auf und verschwinden, sobald die Krise vorüber ist.

Diese Mundgeschwüre können eine Manifestation der Krankheit selbst sein oder mit anderen Faktoren zusammenhängen:

  • Medikamente: Mundgeschwüre entstehen als Nebenwirkung von Medikamenten, die zur Behandlung von Colitis ulcerosa eingesetzt werden. Diese Medikamente verursachen Mundtrockenheit und begünstigen die Schädigung der Mundschleimhaut.
  • Vitamin- und Mineralstoffmangel: Die verminderte Aufnahme dieser Mikronährstoffe oder ihr Verlust im Zusammenhang mit CED begünstigt das Auftreten von aphthösen Geschwüren im Mund.

Das könnte dich ebenfalls interessieren: Mundbrennen: mögliche Ursachen

Mundgesundheit und entzündliche Darmkrankheit: Mundtrockenheit und Mundgeruch

Die verminderte Speichelsekretion und die daraus resultierende Mundtrockenheit ist ein weiteres Problem der Mundgesundheit im Zusammenhang mit entzündlichen Darmerkrankungen. Die verringerte orale Lubrikation hängt mit den Medikamenten zusammen, die zur Behandlung der Krankheit eingesetzt werden.

Einige Kortikosteroide, entzündungshemmende Medikamente, Antidurchfallmittel, Antibiotika und Anticholinergika, die zur Behandlung von CED eingesetzt werden, können als Nebenwirkung Xerostomie verursachen. Ein trockener Mund verursacht nicht nur Unbehagen bei den Patient/innen, sondern begünstigt auch andere Krankheiten wie Karies, Parodontitis und Mundgeruch.

Halitosis oder Mundgeruch wird oft durch eine Kombination aus Mundtrockenheit und vernachlässigter Mundhygiene verursacht. Die verminderte Selbstreinigung durch den Mangel an Speichel und die Ansammlung von Bakterien, Speiseresten und abgestorbenen Zellen aufgrund mangelnder Hygiene verursachen schlechten Mundgeruch.

Außerdem haben Patient/innen, die an Colitis ulcerosa leiden, eine höhere Anzahl sulfatreduzierender Bakterien im Dickdarm. Dies erhöht die Produktion von Schwefelwasserstoffgas, was zu schlechtem Atem führt.

Geschmacksveränderungen

Ein seltsamer metallischer oder saurer Geschmack im Mund ist bei einigen Patient/innen mit CED üblich. Am häufigsten tritt dieses Symptom im Zusammenhang mit einer Pankolitis auf,  einer schweren Form der Colitis ulcerosa, die den gesamten Dickdarm befällt.

Darüber hinaus können Geschmacksveränderungen mit einem Vitamin B12-Mangel zusammenhängen. Zudem können sie auch als Nebenwirkung von Medikamenten wie Sulfasalazin, Azathioprin und Metronidazol auftreten.

Entzündung der Mundschleimhaut

Eine Entzündung der Lippen, die rot und geschwollen sind, ist eine häufige orale Manifestation einer entzündlichen Darmerkrankung. Die Vergrößerung kann auch andere Bereiche des Gesichts mit einbeziehen und wird als orofaziale Granulomatose bezeichnet.

Anguläre Cheilitis, auch bekannt als Fieberbläschen, treten als rote Läsionen an den Mundwinkeln auf und sind ebenfalls häufig. Sie treten in der Regel in Schüben auf und verschwinden erst, wenn sich das Verdauungssystem des/r Patient/in erholt hat.

Glossitis oder Zungenentzündung ist eine weitere häufige orale Äußerung bei CED-Patient/innen. Die Zunge schwillt an und vergrößert sich, was das Schlucken und Sprechen erschwert.

Andere, weniger häufige Erscheinungsformen der Mundschleimhaut sind Pflastersteinläsionen. Sie werden so genannt, weil sie an der Innenseite der Wangen auftreten und wie weiße Flecken aussehen, die an Pflastersteine erinnern. Sie können beim Kauen und Schlucken sehr störend sein.

Die Ursache für diese Schleimhautläsionen ist in der Regel Vitamin B12- oder Eisenmangel. Langfristige Kortikosteroid-Behandlungen können ebenfalls derartige Symptome verursachen.

Mundgesundheit und entzündliche Darmkrankheit: Karies und Parodontitis

Patienten mit CED haben ein erhöhtes Risiko für Karies. Die Ansammlung von bakteriellem Zahnbelag in Verbindung mit Mundtrockenheit und einer veränderten Kohlenhydratzufuhr begünstigen das Auftreten dieser oralen Pathologie.

Gingivitis und Parodontitis sind ebenfalls häufige Pathologien bei Menschen mit entzündlichen Darmerkrankungen. Diese Prozesse haben ihre entzündliche Natur gemeinsam. Sie können durch eine Kombination aus Umweltfaktoren, genetischer Veranlagung und Veränderungen der Mikrobiota ausgelöst werden.

Vitaminmangel, Mundtrockenheit und Medikamenteneinnahme tragen ebenfalls zu diesen oralen Prozessen bei. Es gibt Studien, die Parodontalerkrankungen mit CED in Verbindung bringen. Allerding sind noch weitere Forschungen nötig, um die Mechanismen dieses Zusammenhangs zu klären.

Mundgesundheit und entzündliche Darmkrankheit - Karies
Karies und andere orale Pathologien treten bei Patient/innen mit CED häufiger auf.

Wann sollte man eine/n Zahnarzt/ärztin aufsuchen?

Wie wir dir gesagt haben, sind orale Manifestationen bei CED möglich. Deshalb solltest du, sobald die Diagnose dieser Verdauungsstörung feststeht, den Zahnarzt/die Zahnärztin deines Vertrauens aufsuchen und ihn/sie darüber informieren.

Der Fachmann/die Fachfrau kann die Situation beurteilen und eine entsprechende Nachsorge veranlassen. Um Plaque zu reduzieren und unter Kontrolle zu halten, sind außerdem regelmäßige Zahnreinigungen wichtig. Wenn du dem Zahnarzt/der Zahnärztin die verwendeten Medikamente mitteilst, kann er/sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Nebenwirkungen zu minimieren.

Viele orale Läsionen können auftreten, bevor die Diagnose des Darmproblems gestellt wird. Aus diesem Grund sind routinemäßige zahnärztliche Kontrolluntersuchungen alle 6 Monate von größter Bedeutung.

Wenn Mundschleimhautläsionen wie Mundgeschwüre, Schwellungen der Lippen oder der Zunge, Cheilitis oder weiße Beläge auf den Wangen ohne erkennbare Ursache auftreten, ist es ebenfalls ratsam, den/die Zahnarzt/ärztin aufzusuchen. Er/sie kann einen Zusammenhang mit einer Verschlechterung auf der Darmebene vermuten und den/die Patient/in an eine/n Spezialist/in überweisen.

Mundhygiene

Wie wir dir gesagt haben, können entzündliche Darmerkrankungen die Mundgesundheit beeinträchtigen. Deshalb ist die Pflege des Mundes eine Investition in das Wohlbefinden.

Eine Ernährung nach medizinischer Indikation und eine Reduzierung des Zuckerkonsums helfen, bakteriellen Zahnbelag zu kontrollieren. Eine gründliche Mundhygiene mit zweimal täglichem Zähneputzen, Zahnseide, fluoridhaltiger Zahnpasta und Mundspülungen schützt die Mundhöhle ebenfalls.

Durch die Beibehaltung einer angemessenen Hygieneroutine und eine enge Kommunikation mit dem medizinischen Fachpersonal können die Auswirkungen der entzündlichen Darmerkrankung kontrolliert werden.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Cai, Z., Zhu, T., Liu, F., Zhuang, Z., & Zhao, L. (2021). Co-pathogens in Periodontitis and Inflammatory Bowel Disease. Frontiers in Medicine8.
  • Chandan, J. S., & Thomas, T. (2017). Inflammatory bowel disease and oral health. Bdj Team4(5), 17083.
  • Favia, G., Limongelli, L., Tempesta, A., Maiorano, E., & Capodiferro, S. (2020). Oral lesions as first clinical manifestations of Crohn’s disease in paediatric patients: a report on 8 cases. European Journal of Paediatric Dentistry21(1), 66-69.
  • Peláez, C., & Requena, T. (2017). La microbiota intestinal (Vol. 79). Los Libros de la Catarata.
  • Papageorgiou, S. N., Hagner, M., Nogueira, A. V. B., Franke, A., Jäger, A., & Deschner, J. (2017). Inflammatory bowel disease and oral health: systematic review and a meta‐analysis. Journal of Clinical Periodontology44(4), 382-393.
  • Imai, J., Ichikawa, H., Kitamoto, S., Golob, J. L., Kaneko, M., Nagata, J., … & Kamada, N. (2021). A potential pathogenic association between periodontal disease and Crohn’s disease. JCI insight6(23).
  • Weisshof, R., & Chermesh, I. (2015). Micronutrient deficiencies in inflammatory bowel disease. Current Opinion in Clinical Nutrition & Metabolic Care18(6), 576-581.
  • She, Y. Y., Kong, X. B., Ge, Y. P., Liu, Z. Y., Chen, J. Y., Jiang, J. W., … & Fang, S. L. (2020). Periodontitis and inflammatory bowel disease: a meta-analysis. BMC Oral Health20(1), 1-11.
  • Kato, I., Sun, J., Larson, J., Hastert, T., & Abrams, J. (2020). History of Inflammatory Bowel Disease and Self-Reported Oral Health: Women’s Health Initiative Observational Study. Journal of Women’s Health, 29(10), 1303-1311.
  • Docktor, M. J., Paster, B. J., Abramowicz, S., Ingram, J., Wang, Y. E., Correll, M., … & Bousvaros, A. (2012). Alterations in diversity of the oral microbiome in pediatric inflammatory bowel disease. Inflammatory bowel diseases, 18(5), 935-942.

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.