Erhöhen soziale Netzwerke das Risiko für Bulimie und Magersucht?
Einige Forscher/innen versuchen herauszufinden, ob die Nutzung sozialer Netzwerke zu einem erhöhten Risiko für Bulimie und Magersucht führt.
Allgemein gesagt, schränken Menschen mit Anorexia nervosa (Magersucht) ihre Ernährung ein, um schlank zu bleiben. Bei Bulimie hingegen greifen die Betroffenen auf Verhaltensweisen zurück, mit denen sie versuchen, Essanfälle zu kompensieren.
Obwohl es bei beiden Störungen unterschiedliche Verhaltensweisen gibt, dreht sich das Muster um die ständige Angst, zuzunehmen. Haben die in sozialen Netzwerken gezeigten Körpermodelle einen Einfluss auf die Entwicklung von Bulimie und Magersucht? Das schauen wir uns nachfolgend genauer an.
Was sind Essstörungen?
Essstörungen sind eine Reihe von Verhaltensstörungen im Zusammenhang mit dem Essen, die zu einer Verschlechterung der Gesundheit führen, sowohl für den/die Patient/in als auch für sein/ihr Umfeld. Magersucht und Bulimie sind Krankheiten und sollten nicht als Lebensstil betrachtet werden.
Allerdings ist bekannt, dass es bestimmte virtuelle Räume gibt, die die Verhaltensweisen dieser Störungen als akzeptable Lebensweise fördern. Sogenannte Influencer/innen schlagen ihren Follower/innen sogar einige schädliche Praktiken vor, die ihr Wohlbefinden bedrohen.
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Risikofaktoren für Bulimie und Magersucht
Die meisten Menschen, die Magersucht und Bulimie entwickeln, sind junge Frauen. Sie gehören in der Regel zu den industrialisierten Gesellschaften.
Eine vereinfachte Sichtweise dieser Situation würde die Schuld auf die kulturelle Auffassung schieben, dass ein dünner Körper ein Schönheitsideal ist. Sowohl Magersucht als auch Bulimie sind jedoch Störungen mit einem multifaktoriellen Ursprung, zu dem auch die Einbindung in soziale Netzwerke gehören könnte.
Es gibt individuelle Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Person eine Essstörung entwickelt. Und obwohl die Interaktion mit der Umwelt einen wichtigen Einfluss hat, hängt die Anfälligkeit dieser Patient/innen von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen ab.
Zu den Risikofaktoren, die mit Essstörungen in Verbindung gebracht werden, gehören:
- Depressionen
- Angst vor Ablehnung
- Geringes Selbstwertgefühl und Unsicherheit
- Perfektionistische und zwanghafte Züge
- Unzufriedenheit mit dem Aussehen des Körpers
- Das Bedürfnis nach Akzeptanz durch andere
- Sehnsucht nach Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe
- Mangel an gesunden Essgewohnheiten
Die Initiatoren der Förderung von Essstörungen in sozialen Netzwerken
Es gibt bestimmte Webportale, die oft fiktive Namen verwenden, um auf Magersucht und Bulimie hinzuweisen. Auf diesen Websites wird versucht, die veränderten Essgewohnheiten dieser Störungen und die damit verbundenen Praktiken als Lebensweise zu fördern.
Außerdem suggerieren sie die Vorstellung, dass krankhaftes Dünnsein gleichbedeutend mit Schönheit ist. Daher wäre das Hauptziel die Gewichtsabnahme.
Somit könnten diese Räume als prädisponierender Faktor für Menschen dienen, die anfällig für die Entwicklung einer Essstörung sind. Darüber hinaus ist es üblich, dass diese Seiten ihre Nutzerinnen und Nutzer dazu anhalten, ihr selbstschädigendes Verhalten zu verbergen, um jede Entdeckung zu vermeiden, die darauf hindeuten könnte, dass sie Hilfe aus ihrem realen Umfeld benötigen.
Die Entdeckung derartiger Websites führte in einigen Ländern zu deren Überwachung, Verfolgung und Schließung. Vor allem, weil die meisten der Nutzer/innen minderjährig waren.
Der Versuch, die schädlichen Inhalte zu zensieren, die von den Mitgliedern der selbsternannten “Anorexic Nation” angeboten werden, ist jedoch durch das Aufkommen und die Entwicklung der sozialen Netzwerke keineswegs gelungen.
Bulimie und Magersucht: Risikoförderer im Internet
Die aktuelle Konfiguration verschiedener sozialer Netzwerke versucht, Inhalte zu blockieren, die zur Übernahme von Gewohnheiten anregen, die mit Bulimie und Magersucht in Verbindung stehen. Einige zeigen sogar Warnmeldungen für diejenigen an, die diese Art von Informationen suchen, und fordern sie auf, Websites zu besuchen, die sich mit der Prävention von Essstörungen befassen.
Allerdings konnten bestimmte Bereiche, die Essstörungen fördern, diese Richtlinien umgehen.
Es lohnt sich klarzustellen, dass dieselben sozialen Netzwerke Technologien entwickeln, die es den Nutzer/innen ermöglichen, die Bilder, die sie teilen wollen, zu verändern. Der Zweck dieser Tools ist es, körperliche Unvollkommenheiten zu beseitigen und Fotos zu produzieren, die in die kulturellen Parameter dessen passen, was als ästhetisch angesehen wird.
Der Versuch, gefährdete Menschen vor diesen Seiten zu schützen, wird also von der Verstärkung des Schönheitsideals überschattet – ein sehr schädliches Paradoxon.
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Erhöhtes Risiko für Bulimie und Magersucht durch soziale Netzwerke: Was denken die Experten?
Mehrere Forschergruppen haben versucht herauszufinden, ob die Nutzung sozialer Netzwerke durch gefährdete Menschen eine Essstörung auslösen kann. Das liegt vor allem daran, dass einige Autor/innen und wissenschaftliche Gesellschaften behaupten, dass die Prävalenz von Magersucht und Bulimie in den letzten Jahren zugenommen hat.
Darüber hinaus hat die Zensur von Websites, die diese Störungen fördern, keine schützende Wirkung gezeigt. Tatsächlich ist die Prävalenz von Magersucht und Bulimie trotz der massiven Entfernung solcher virtuellen Räume weiter angestiegen.
Die Kontrolle von Internetinhalten scheint also keine sinnvolle Methode zu sein, um das Auftreten von Essstörungen zu verhindern. Denn es gibt nach wie vor derartige Gruppen in sozialen Netzwerken.
Der Zusammenhang zwischen Anorexie, Bulimie und sozialen Medien: Mythos oder Realität?
Seit Ende des letzten Jahrhunderts gelten die Medien als Risikofaktor für die Entwicklung von Magersucht, da sie die Vorstellung fördern, dass extreme Schlankheit gleichbedeutend mit Schönheit und sozialem Erfolg ist. An der Art der Werbung hat sich jedoch wenig geändert, obwohl sie oft bearbeitet wird.
Viele der in der Werbung idealisierten Models haben zugegeben, an einer Essstörung zu leiden.
Soziale Netzwerke sind eine neue Form der Kommunikation, die zudem die Interaktion ihrer Nutzer/innen ermöglicht. Aus diesem Grund sind Expert/innen der Meinung, dass die in sozialen Netzwerken geteilten Inhalte als Quelle für negative Vergleiche dienen können.
Dies erzeugt bei einer gefährdeten Person eine Rückkopplungsschleife aus Körperunzufriedenheit und geringem Selbstwertgefühl. Das macht die exzessive Nutzung sozialer Netzwerke zu einem Risikofaktor für die Entwicklung einer Essstörung.
Wie kann man Bulimie und Magersucht in sozialen Netzwerken verhindern?
Es gibt eine Vielzahl von Empfehlungen, um zu verhindern, dass anfällige Personen ständig dieser Art von Inhalten ausgesetzt sind. Allerdings sind sich die Fachleute für psychische Gesundheit in dieser Hinsicht nicht einig.
Sie sind sich jedoch einig, dass die Umwelt nur ein beeinflussender Faktor ist. Deshalb sollten man sich bei der Prävention nicht nur darauf konzentrieren.
Daher ist es sinnvoller, die Notwendigkeit zu betonen, das Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken, ihnen Sicherheit zu geben und ihre individuellen Eigenschaften in ihrer Entwicklung zu akzeptieren. Das ist viel effektiver, als zu versuchen, die Inhalte zu kontrollieren, die in der weiten (und fast unendlichen) Welt der sozialen Netzwerke verfügbar sind.
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