Chemophobie oder krankhafte Angst vor Chemikalien
Potenziell schädliche Chemikalien in der Umwelt und damit auch im Essen und anderen Lebensbereichen machen immer mehr Menschen Sorgen, was durchaus berechtigt ist. Doch in manchen Fällen entwickelt sich daraus eine Chemophobie, das heißt eine krankhafte und irrationale Furcht vor Chemikalien und ihrer schädlichen Wirkung.
In der Werbung sehen wir immer mehr Produkte die durch Etiketten wie “ohne Konservierungsstoffe”, “ohne Chemikalien” oder “ohne künstliche Farbstoffe” ausgezeichnet werden. Die Tendenz zu natürlichen und biologischen Lebensmitteln ist offensichtlich. Doch wenn sich daraus eine wahrhafte Phobie gegenüber Chemikalien entwickelt, stehen wir vor einer Krankheit.
Der Begriff “Chemie” wird in vielen Fällen als Antonym für “Natur” verwendet. Doch Chemikalien sind ein grundlegender Bestandteil der Natur und natürlich auch des menschlichen Wesens. Der Irrtum, Chemie grundsätzlich als schädlich zu betrachten, führt in manchen Fällen zu einem krankhaften Verhalten, das sich sehr negativ auf Betroffene auswirkt und absurd ist.
Chemophobie: die krankhafte und irrationale Angst vor Chemikalien
Die Chemophobie oder Chemifeindlichkeit findet ihre Anfänge in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Großen Einfluss auf diese Tendenz konnte die Publikation “Der stumme Frühling” der Autorin Rachel Carson nehmen. In diesem Buch geht es Carson um die Umweltverschmutzung durch Pestizide.
Dieses Werk wird als eines der wichtigsten wissenschaftlichen Sachbücher aller Zeiten eingestuft. Doch es gab anderen auch den Anlass dazu, irrationale Angst vor Chemikalien zu schüren.
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Die Chemophobie äußert sich in einer exzessiven Angst vor chemischen Produkten, die Betroffene dazu führt, zum Teil schädliche Verhaltensweisen anzunehmen. So verzichten deshalb viele auf den Konsum von Fisch und Meeresfrüchten, weil diese mit Quecksilber kontaminiert sein könnten. Zwar enthält Fisch vielfach Quecksilber, doch normalerweise in sehr geringen Mengen, die sich bei einem normalem Konsum nicht schädlich auswirken.
Der Mythos: Chemie gegen Natur
Vor einiger Zeit wurde in einer Stadt der Vereinigten Staaten ein Plakat an einem Flussufer befestigt, auf dem Folgendes zu lesen war: “Warnung: Wasser enthält große Mengen an Wasserstoff.” Jene Badegäste, die normalerweise sehr oft an diesem Flussufer zu sehen waren, verzichteten aufgrund von dieser Warnung auf ihr Badevergnügen.
Auf dem Plakat war tatsächlich die Wahrheit zu lesen: Wasser besteht aus einer doppelten Menge an Wasserstoff und einer einfachen Menge an Sauerstoff (H2O). Es handelt sich um ein perfektes Beispiel für eine Chemophobie, die krankhafte Angst vor Chemikalien.
Alles was wir sehen, essen oder berühren enthält Chemikalien. Chemische Stoffe sind Teil der Natur und die Grundlage aller Dinge und Lebewesen, es handelt sich nicht um ein Gegenstück oder einen Feind der Natur.
In der Natur befinden sich viele chemikalische Stoffe, andere hingegen werden synthetisch erzeugt, das heißt durch industrielle Verfahren. Sowohl natürliche als auch synthetische chemikalische Stoffe können dem Menschen schaden. Dies hängt immer von der Form, der Menge und anderen Faktoren ab, die bei der Einnahme oder dem Kontakt damit auftreten.
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Was ist schädlich?
Ein Wissenschaftler, der vor rund fünf Jahrhunderten lebte, erinnert uns daran, dass “die Dosis das Gift macht“. Wir sprechen von Paracelsus, der bereits damals diese heute noch immer gültige Wahrheit aussprach. Wenn jemand ununterbrochen Wasser trinkt, kann er daran sterben. Wer mehr als 50 Gläser Wodka zu sich nimmt, kann ebenfalls den Tod finden. Denn wir wissen, dass die Menge ausschlaggebend ist: Zu viel des Guten ist auch zu viel!
Eine sehr geringe Menge einer schädlichen Substanz beeinträchtigt den Organismus jedoch im Normalfall nicht. Dazu kommt, dass es noch nie so viele Regelungen und Vorschriften gab, die für industriell verarbeitete Produkte mit Chemikalien gelten, unabhängig davon, ob es sich um Arzneimittel, Lebensmittel, Kosmetika oder andere Produkte handelt.
Wenn wir heute alle synthetischen Chemikalien verbieten würden, wäre ein Kollaps unseres Systems die Folge. Wir müssten auf alle Medikamente verzichten, könnten kein Plastik produzieren und auch keine Technologie.
Chemophobie und Marketing
Viele Produkte, die als “natürlich” verkauft werden, entsprechen keinesfalls diesem Etikett. Es handelt sich einzig und allein um geschicktes Marketing. Denn mit den richtigen Verkaufsstrategien werden Chemikalien “versteckt” und geringe natürliche Zutaten hervorgehoben. So enthalten zum Beispiel viele Produkte mit der Beschreibung “ohne Salz” statt Natriumchlorid Kaliumchlorid, das weitaus schädlicher sein könnte.
Es gibt kein “natürliches” Brot, denn es wächst kein Brot auf den Bäumen. Doch Brot wird aus verarbeiteten Pflanzen und Fetten hergestellt. Es gibt auch keine “natürlichen” Süßstoffe oder Kosmetika “ohne Chemikalien”.
Doch natürlich ist es von größter Wichtigkeit, mögliche schädliche Wirkungen bestimmter Substanzen auf den menschlichen Körper zu identifizieren. Dazu gehört zum Beispiel Asbest. Dies sollte jedoch nicht dazu führen, Mythen zu verbreiten oder Fehlalarm zu schlagen und generell alle Chemikalien zu verteufeln. Dies führt in Extremfällen zu einer Chemophobie, die Betroffenen weitaus mehr schadet als im Alltag verwendete Chemikalien. Trotzdem sollten wir uns natürlich darüber bewusst sein, was wir essen oder mit welchen Produkten wir unsere Gesundheit oder Schönheit pflegen!
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