Was bedeutet Neuroplastizität?
Die Neuroplastizität oder Gehirnplastizität ist eine der wichtigsten Entdeckungen der letzten Jahrzehnte über den menschlichen Körper. Wissenschaftler konnten feststellen, dass unser Gehirn in jedem Alter die Fähigkeit hat, sich zu verändern und an neue Reize oder Erfahrungen anzupassen.
Noch vor Kurzem glaubte man, dass neuronale Verbindungen nur in der Kindheit generiert und verändert werden können. Das heißt, dass man im Allgemeinen davon ausging, dass die Veränderung oder Neubildung von neuronalen Netzen durch neue Erfahrungen oder Lernprozesse im Erwachsenenalter nicht mehr möglich ist.
Doch die Wahrheit sieht völlig anders aus und gibt vielen Menschen Hoffnung: Forscher konnten nachweisen, dass unsere Gehirn die Fähigkeit hat, sich in jedem Alter zu regenerieren, und zwar nicht nur anatomisch betrachtet, sondern auch funktionell. Es kann im Laufe seiner gesamten Lebensdauer neue neuronale Verbindungen erstellen und seine Struktur und Funktionen an sich verändernde Umweltbedingungen anpassen.
Dies wird als Neuroplastizität bezeichnet. Damit kann sich das Gehirn von bestimmten Verletzungen oder Störungen erholen. In unserem heutigen Beitrag erfährst du Interessantes über diese Fähigkeit unseres Gehirns und wirst dir bewusst werden, wie wichtig die Gehirnplastizität für unsere Leben ist.
Neuroplastizität: Was ist das?
Noch vor Kurzem glaubte man, dass sich das Nervengewebe nur in der Kindheit verändern und entwickeln kann. Diese Annahme führte zu der Meinung, dass die Regenerierung nach einer Gehirnverletzung unmöglich ist. Doch in den letzten Jahren konnten Wissenschaftler nachweisen, dass dies nicht der Wahrheit entspricht.
Die Neuroplastizität ist die Fähigkeit unserer Nervenzellen, sich in jedem Alter zu regenerieren, sowohl anatomisch als auch funktionell. Dieser Prozess umfasst zahlreiche biochemische und metabolische Reaktionen, ermöglicht uns jedoch ein riesiges Potential zur Anpassung an neue Situationen.
Unser Nervensystem ist also dazu fähig, neue neuronale Verbindungen aufzubauen, wenn es neue Reize und Informationen erhält, oder wenn alte neuronale Verbindungen geschädigt wurden.
Bereits in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts begannen Untersuchungen auf diesem Gebiet. Forscher beobachteten die Auswirkungen eines Gehirnschlags auf Menschen, die sich danach wieder von den Verletzungen erholten.
Bildgebende Verfahren und die Stimulation dieser Patienten konnten schließlich die Neuroplastizität nachweisen. Weitere Forschungen über die genauen Mechanismen, die dabei zum Einsatz kommen, werden derzeit an verschiedensten Forschungseinrichtungen durchgeführt.
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Wie funktioniert die Neuroplastizität?
Als Synapse bezeichnet man die Kommunikation zwischen zwei Nervenzellen. Bei der Geburt ist die Anzahl der Synapsen im Gehirn noch sehr gering. Schätzungsweise sind nur ungefähr 2500 Synapsen vorhanden. Doch im Laufe der Zeit entwickeln wir fast 10.000 Synapsen an jeder Nervenzelle.
Dies ist deshalb der Fall, da wir neue Erfahrungen machen und Lernprozesse durchlaufen. Dies führt zu neuen neuronalen Verbindungen, die außerdem bei mehrfacher Aktivierung zusätzlich gestärkt werden. Doch jene Verbindungen, die nicht genutzt werden, werden schwächer oder verschwinden vollständig.
Die Neuroplastizität ermöglicht es uns jedoch, durch Stimulation neue Synapsen zu bilden oder bereits vorhandene neuronale Verbindungen zu stärken, und zwar das ganze Leben lang. Dabei spielen unterschiedliche molekulare und chemische Prozesse eine bedeutende Rolle.
Wenn wir also neues Wissen erwerben, stärken wir unsere neuronalen Netze oder bauen neue Verbindungen auf. Die wichtigsten Mechanismen, die diese Neuroplastizität möglich machen, sind:
- Die Nervenzelle wird durch verschiedene Prozesse aktiviert, indem das Gleichgewicht zwischen den Ionen innerhalb und außerhalb der Neuronen wieder hergestellt wird.
- Teilweise geschädigte Teile der Nervenzellen werden repariert, insbesondere in den Axonen (Nervenzellfortsatz).
- Inaktive Verbindungen werden aktiviert.
Die chemischen und molekularen Reaktionen, welche die Neuroplastizität möglich machen, sind sehr komplex. Das Endergebnis ist jedoch eine größere Anzahl an Neuornen und neuronalen Verbindungen.
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Warum ist dieser Prozess so wichtig?
Die Neuroplastizität erlangt insbesondere in der therapeutischen Behandlung eine sehr wichtige Bedeutung. Nachdem Forscher die Möglichkeit der Anpassung und Neubildung neuronaler Netze nachweisen konnten, stellte sich heraus, dass auch viele Gehirnverletzungen therapiert werden können. Durch die Neubildung neuronaler Verbindungen können nämlich bestimmte geschädigte Funktionen wiedererlangt werden.
Die Forschung untersucht deshalb insbesondere verschiedene therapeutische Ansätze zur Behandlung von traumatischen Verletzungen. Doch auch andere Krankheiten können von der Stimulation der Neuroplastizität profitieren, so zum Beispiel:
- Obsessiv-kompulsive Störungen
- Verschiedene Arten von Schizophrenie
- Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität
Weitere Studien über die Gehirnplastizität sind notwendig und sollten gefördert werden. Es geht darum, neue therapeutische Methoden zu entwickeln, um die Bildung neuer neuronaler Verbindungen nach verschiedenen Krankheiten zu stimulieren und so die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
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