Können Crunches oder Bauchpressen deinem Rücken schaden? Das sagt die Forschung

Ist es an der Zeit, die klassischen Crunches aufzugeben, die du dein ganzes Leben lang gemacht hast? Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Nutzen und Risiken dieser Übung sind umstritten.
Können Crunches oder Bauchpressen deinem Rücken schaden? Das sagt die Forschung
Leonardo Biolatto

Geschrieben und geprüft von dem Facharzt Leonardo Biolatto.

Letzte Aktualisierung: 14. Februar 2023

Crunches oder Bauchpressen haben zahlreiche Gegner, weil viele behaupten, dass sie dem Rücken schaden können Tatsächlich lässt sich beobachten, dass immer weniger Personal Trainer sie in ihr Programm aufnehmen.

Viele haben sich dafür entschieden, die Arbeit dieser klassischen Bewegung durch isometrische Kontraktionen zu ersetzen, die beim Training der oberen oder unteren Gliedmaßen ausgeführt werden. Mit anderen Worten: Man wird dazu angehalten, die Bauchmuskulatur bei Kniebeugen, niedrigem Rudern oder Military Presses anzuspannen. Theoretisch schützt du auf diese Weise die Wirbelsäule und erzielst die gleichen Ergebnisse.

Aber nicht jeder ist mit dieser Position einverstanden. Die Bauchpresse kann den Rücken nicht verletzen, wenn du sie mit etwas Vorsicht ausführst und es nicht übertreibst. Sehen wir uns an, was die Sportwissenschaft dazu zu sagen hat.

Was sind Crunches?

Die Bauchpresse ist die klassische Übung, die wir alle schon einmal gemacht oder gesehen haben. Man legt sich flach hin, winkelt die Beine an, hebt die Schulterblätter und den Rücken auf etwa 30 Grad an und berührt dann mit den Händen die Knie.

Es ist eine optimale Bewegung, um den vorderen geraden Bauchmuskel (Musculus rectus abdominis) zu stärken. Er befindet sich im vorderen Bereich des Rumpfes und ist für das ästhetische Sixpack verantwortlich. Diese Übung konzentriert sich speziell auf den oberen Teil dieses Muskels. Sie aktiviert auch, wenn auch in geringerem Maße, die Obliquen, die sich an den Seiten des Bauches befinden.

Unabhängig davon, ob Crunches dem Rücken schaden können oder nicht, haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Varianten herausgebildet. Du kannst sie auf einem Medizinball ausführen, beim Anheben einen Schwung hinzufügen, um die Aktivierung der Bauchmuskeln zu verbessern, oder ein Gewicht mit Hanteln in den Händen tragen.

Welche Risiken gibt es?

Alle Übungen zur Muskelkräftigung haben Risiken. Die meisten davon treten auf, wenn du eine falsche Technik ausführst oder wenn du die Übung durchführst, ohne dich vorher aufzuwärmen.

All die gilt natürlich auch für Crunches und es gab schon immer Kontroversen über ihre Auswirkungen auf den Rücken. Das wiederholte Beugen der Wirbelsäule auf einer harten Oberfläche scheint keine gesunde Biomechanik zu sein.

Seit 1989 gibt es wissenschaftliche Studien, die die Wirkung der Flexion-Extension auf die Wirbelsäule untersuchen. Die ständige Wiederholung der Bewegung scheint die Spannung in der Bandscheibe, einer gelartigen Substanz, die für die Beugung der Wirbelsäule unerlässlich ist, zu erhöhen.

Bei Analysen mit kleinen Gruppen von Probanden stellte man eine Migration der Bandscheibe bei Beugung der Wirbelsäule in verschiedenen Winkeln fest. Allerdings gab es dafür keine überzeugenden Beweise mehr. Zumindest bis 2007, als die Forschung nachweisen konnte, dass bestimmte Körperhaltungen die Bandscheibe in abnormale Positionen verschieben können.

Was also besagt diese Theorie? Dass die wiederholte Durchführung von Crunches den Rücken schädigen kann, weil sich die Bandscheiben verschieben, was das Auftreten eines Bandscheibenvorfalls begünstigt.

Hernia discal puede lesionar la espalda al realizar crunch abdominal.
Bandscheibenvorfälle sind für die Betroffenen sehr schmerzhaft und behindernd.

Die Sache ist nicht so eindeutig

Trotz der bereits erwähnten Beweise vertritt eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2016 eine andere Meinung. Laut den Autor/innen gibt es keine konkreten Forschungsdaten, die die Ausführung von Crunches und die Hypothese, dass sie dem menschlichen Rücken schaden können, analysieren.

Die wissenschaftlichen Studien wurden in anderen Zusammenhängen oder mit Tieren durchgeführt. Niemand hat Bandscheibenvorfälle festgestellt, die von den klassischen Bauchpressen herrühren.

Darüber hinaus gibt es Theorien, die auf der Wirkungsweise des vorderen geraden Bauchmuskels basieren. Aber das sind Theorien, die nicht wirklich bewiesen sind.

Stuart MacGill, ein renommierter Arzt in der Welt der Sportwissenschaft, hat zum Beispiel seine eigene Meinung zur Bauchpresse und ihrer potenziell schädigenden Auswirkung auf den Rücken. Für ihn ist die Fähigkeit der Wirbelsäule, Beugungen und Streckungen zu widerstehen, begrenzt, da es sich um eine unnatürliche und nicht funktionelle Bewegung handelt.

Mit anderen Worten: Der Rectus abdominis ist ein Muskel, der für die Stabilität des Rumpfes sorgt und nicht dafür, dass er sich immer wieder nach vorne zusammenklappt. Obwohl wir im Laufe eines Tages unsere Wirbelsäule oft beugen, tun wir dies nicht in einem hohen Maße oder mit der Notwendigkeit, dass unsere Hände ständig unsere Knie berühren.

Deshalb schaden Crunches seiner Theorie nach dem Rücken, wenn man die Anzahl der empfohlenen Wiederholungen überschreitet. Die Wirbelsäule würde an eine Grenze stoßen, und nach deren Überschreitung könnte das Gewebe dem Druck nicht mehr standhalten.

Und wenn du diesen Grenzwert nicht überschreitest?

Die Theorie, dass die Wirbelsäule eine bestimmte Anzahl von Beugezyklen aushält, ist nicht absolut. Bei der Durchführung körperlicher Übungen gibt es immer auch Ruhephasen und sogar Ruhetage zwischen den Crunches.

Das Gewebe hat also die Fähigkeit, sich zu regenerieren. Daher könnte es auch nicht wirklich zu einer Kumulierung der angeblichen Schädigung kommen.

Wenn du die empfohlene Anzahl von Crunches an einem Tag oder in einer Woche nicht überschreitest, kannst du außerdem von der schützenden Wirkung des intra-abdominalen Drucks profitieren. Durch die Beugung der Wirbelsäule während des Trainings erhöht sich der Druck im Bauchraum, und dieser Anstieg verringert Studien zufolge die Kraft, die das Gewebe des Rückens tragen muss.

Gibt es Menschen, die anfälliger dafür sind, ihren Rücken mit Crunches zu verletzen?

Für die meisten Trainingsübungen gibt es Kontraindikationen. Es gibt Menschen, die diese oder jene Bewegung nicht ausführen sollten, weil sie sich dabei eher verletzen.

Bei der Durchführung von Crunches gibt es Situationen, in denen besondere Vorsicht geboten ist:

  • Kleinwüchsige Frauen und Kinder sind möglicherweise stärker gefährdet. Eine Studie hat ergeben, dass eine kleine Statur unnatürliche Bewegungen beim Bauchmuskeltraining begünstigt, wodurch die Kräfte aus dem Gleichgewicht geraten.
  • Menschen mit Osteoporose oder Osteopenie. Wenn bei Frauen mit Osteoporose Läsionen an den Wirbeln festgestellt werden, wenn sie den Bauch beugen, ist das ein Warnsignal für die Auswirkungen auf die Wirbelsäule und die Möglichkeit, dass das Risiko von Knochenbrüchen steigt.
  • Patient/innen mit einem Bandscheibenvorfall. Wenn ein Bandscheibenvorfall mit Schmerzen vorliegt, ist dies eine Kontraindikation für Bauchpressen.
Crunches - Frau mit Rückenschmerzen
Nach der Menopause neigen Frauen dazu, Osteoporose zu entwickeln. Daher sind Crunches für diese Gruppe möglicherweise nicht zu empfehlen.

Wie viele Wiederholungen sind empfehlenswert?

Eine Person, die keine gesundheitlichen Probleme mit der Wirbelsäule hat, kann Bauchpressen bis zu einer bestimmten Grenze durchführen. Wie viele Wiederholungen sind sicher? Laut Contreras und Schoenfeld sollten pro Trainingstag nicht mehr als 60 Wiederholungen gemacht werden. Wenn du gerade erst anfängst, liegt dieser Wert natürlich niedriger, vielleicht bei der Hälfte, bis du deine Muskulatur verbessert hast und die Serien schrittweise erhöhen kannst. Auch die Pause zwischen den einzelnen Bauchmuskelsitzungen ist wichtig.

Seit fast 30 Jahren weiß man, dass die Proteinsynthese zur Muskelerholung etwa 48 Stunden benötigt. Daher wäre die grundlegende und optimale Strategie, nicht an jedem Tag Crunches auszuführen, um eine Überlastung des Rectus abdominis zu vermeiden. Und zu welcher Tageszeit sollte man sie machen? Es scheint, dass es am besten ist, den Morgen und die Momente direkt nach der Arbeit zu vermeiden. Wenn du mehrere Stunden in liegender oder sitzender Position verbracht hast, ist die Wirbelsäule anfälliger für Schäden an den Bandscheiben.

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Solltest du die traditionellen Crunches aus deiner Routine streichen?

Die Angst, den Rücken mit der Bauchpresse zu verletzen, kann Grund genug sein, sie aus der Routine zu streichen. Aber das ist nicht unbedingt erforderlich.

Eine erwachsene Person mit durchschnittlicher Statur und ohne Vorgeschichte von Wirbelsäulenproblemen kann bis zu 60 Wiederholungen pro Tag machen, mit einem Tag Pause zwischen den einzelnen Einheiten.

Darüber hinaus ist es möglich, einige Merkmale der traditionellen Übung zu verändern, um das Risiko zu verringern. Du kannst zum Beispiel deine Hände unter den unteren Rücken legen, um die normale Krümmung der Wirbelsäule beim Heben zu erhalten.

Wenn du möchtest, kannst du auch einen Medizinball benutzen. Dieses Gerät schützt die Wirbelsäule teilweise und verändert die Aktivierung der Bauchmuskeln, während es die Rumpfstabilität fördert. Was den Winkel angeht, ist es nicht notwendig, eine vollständige Beugung durchzuführen. Beim Beugen solltest du einen Winkel von 30 Grad nicht überschreiten. Wenn du einen Bereich von 10 bis 15 Grad nutzt, ist das vollkommen ausreichend. Es gibt viele Möglichkeiten, die Stabilität der Körpermitte zu fördern.

Wenn du dich mit Trainingsprofis berätst, wissen sie, wie sie dich anleiten können, verschiedene Bewegungen zu kombinieren, die zu diesem Ziel beitragen. Was du nicht tun solltest, ist, auf die beliebten viralen Challenges im Internet hereinzufallen, die dich dazu auffordern, einen Monat lang jeden Tag 100 oder 200 Crunches zu machen. Hier hat die Wissenschaft keine Zweifel: Du wirst dir am Ende den Rücken verletzen.


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