Was ist Selbsterkenntnis und warum ist es wichtig, sie zu entwickeln?

Selbsterkenntnis hilft uns zu erkennen, wie wir uns fühlen, und leitet uns an, wie wir damit umgehen können. Hier erfährst du mehr zu diesem wichtigen Thema.

Geprüft und freigegeben von der Psychologin Maria Fatima Seppi Vinuales.

Geschrieben von Maria Fatima Seppi Vinuales

Letzte Aktualisierung: 22. März 2023

Die Selbstwahrnehmung ist die Fähigkeit eines jeden Menschen, sich selbst zu beobachten und sich auf sich selbst zu konzentrieren. Sie ist eine wichtige Säule für die Entwicklung der emotionalen Intelligenz, wie sie von Daniel Goleman beschrieben wurde. In diesem Sinne ist sie auch mit der Selbsterkenntnis verknüpft.

Die Entwicklung von Selbsterkenntnis ist ein Weg, um aus dem Zustand der Trägheit auszubrechen – aus dem heraus viele einfach nur funktionieren und reagieren – um bewusster, verantwortungsvoller und gleichzeitig freier in den eigenen Entscheidungen zu werden.

Zunächst geht es darum, herauszufinden, wie man sich fühlt, wie man sich gerne fühlen würde, was man dafür tun kann und wohin man sich entwickeln möchte. In den folgenden Abschnitten werden wir dies genauer untersuchen.

Wie entwickelt man Selbsterkenntnis?

Innehalten, beobachten und fokussieren… das sind vielleicht die Schlüsselwörter, um Selbsterkenntnis zu entwickeln. An sich bedeutet das, dass man beim Erleben einer bestimmten Emotion – wie zum Beispiel Ärger oder Wut – eine Pause einlegt und sich fragt, was sie verursacht und woher sie kommt, bevor man handelt.

Emotionen sind nuanciert. Die Gefühlswelt ist selten schwarz und weiß, und es ist wichtig, die “Mischung” im Auge zu behalten.

Welche Vorteile hat die Entwicklung von Selbsterkenntnis?

Selbsterkenntnis hat unzählige Vorteile, sowohl auf persönlicher Ebene als auch auf der Ebene menschlicher Beziehungen. Dazu gehören unter anderem die folgenden.

Verstehen, wie man ist und wie man handelt

So können wir unser Potenzial entfalten. Wenn wir uns selbst kennen, können wir unsere Stärken und Schwächen erkennen, so dass wir die Bereiche oder Facetten identifizieren können, an denen wir mehr arbeiten müssen, und die, in denen wir uns auszeichnen können. So können wir uns auch als Menschen weiterentwickeln.

Darüber hinaus ermöglicht uns die Selbsterkenntnis, unsere Emotionen zu entschlüsseln. Und wenn wir sie mit unserem Verhalten und unseren Gedanken in Verbindung bringen, hilft uns das, zu verstehen, dass wir als Ganzes und nicht getrennt voneinander funktionieren.

Den eigenen Körper kennen und die eigene Gesundheit respektieren

Die Selbsterkenntnis fungiert auch als Kompass, der uns leitet und uns warnt, wenn bestimmte Situationen schädlich und unangenehm sind. Menschen, die darauf achten, sich selbst im Auge zu behalten, können Warnzeichen erkennen und wenn nötig innehalten.

Wenn die eigene Selbstwahrnehmung und Selbsterkenntnis nicht stark ausgeprägt ist, zeigt sich das beispielsweise in der Aussage: “Ich habe den ganzen Tag nichts gegessen, aber ich habe es nicht einmal bemerkt”. Dies sind die Fälle, in denen Menschen unter hohem Stress und großem Druck arbeiten, weil sie frühere Anzeichen übersehen oder ignoriert haben

Mehr Klarheit über die eigenen Bedürfnisse und die eigenen Entscheidungen

Wenn wir uns selbst kennen, können wir auch erkennen, was wir von anderen Menschen brauchen. Daher können wir klarer kommunizieren und konkretere Bitten äußern. Auf diese Weise werden auch die Beziehungen deutlich verbessert. Darüber hinaus ist es möglich, bessere Entscheidungen zu treffen.

Größeres Einfühlungsvermögen für andere

Wenn wir uns selbst verstehen können, sind wir auch sensibler dafür, zu verstehen, was mit anderen passiert. Deshalb fällt es uns leichter, kritische Urteile über andere zurückzustellen und einfühlsamer zu werden. Das verbessert zweifellos die zwischenmenschlichen Beziehungen.

3 Tipps zur Entwicklung von Selbsterkenntnis

Die Selbsterkenntnis hilft uns, unseren Gefühlen und Handlungen einen Sinn zu geben. Daher ist sie sowohl für die Verbesserung unseres täglichen Lebens als auch auf lange Sicht wichtig. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Selbsterkenntnis und Selbstwahrnehmung zu entwickeln. Einige davon sind im Folgenden aufgeführt.

1. Stelle dir selbst Fragen

Der schlimmste Feind des Wachstums ist der “gesunde Menschenverstand”, der Zustand, in dem wir alles für selbstverständlich halten und nicht mehr nach dem Warum fragen. Das Gleiche gilt für die Selbsterkenntnis und den “Autopilot”-Modus.

Deshalb besteht eine der Möglichkeiten, sie zu entwickeln, darin, uns selbst zu ermutigen, ein wenig weiter zu gehen, was unsere Gefühle, unser Denken oder unser Handeln angeht, indem wir uns einige Fragen stellen. Einige Beispiele sind die folgenden:

• Was fühle ich gerade?
• Was hat mich dazu gebracht, so zu fühlen?
• Wie verhalte ich mich dabei?

2. Meditiere und halte inne

Selbsterfahrung braucht auch Stille, Zeit und Pausen. Es geht darum zu wissen, wie man Raum für sich selbst und für die Selbstfürsorge findet. Meditation kann eine der Möglichkeiten sein, aber manche Menschen finden es auch hilfreich, ein Tagebuch zu führen und aufzuschreiben, wie sie sich fühlen.

3. Bitte um Feedback von anderen

Wie sehen uns andere Menschen? Ist das, was wir über uns selbst wissen, auch das, was wir nach außen hin projizieren? Um Feedback oder konstruktive Kritik zu bitten, kann helfen, die eigenen blinden Flecken zu erkennen.

Selbsterkenntnis bei Kindern

Selbsterkenntnis ist kein “Erwachsenen-Ding”, sondern kann das ganze Leben lang kultiviert werden. Der Nutzen ist viel größer, wenn wir Kindern schon früh beibringen, sich selbst zu kennen. Einige Schlüssel dazu sind die folgenden.

1. Erlaube ihnen, frei zu sein

Auf dem Weg zur Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis spielen die Erwachsenen eine Schlüsselrolle, denn wir sind diejenigen, die von Anfang an Orientierung geben.

An diesem Punkt ist es von entscheidender Bedeutung, sich der Art der Erziehung bewusst zu sein, die man anbietet, sowohl explizit als auch in den Gesten oder impliziten Verhaltensweisen. Es ist wichtig, den Kindern die Möglichkeit zu geben, das zu sein, was sie sein wollen, immer im Rahmen des Respekts für sich selbst und für andere.

Zwei der häufigsten Vorurteile – auch wenn sich daraus viele andere Dinge ableiten – haben vielleicht mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen zu tun, die sich in Sätzen und Überzeugungen wie “Mädchen sollten feinfühliger sein und Jungen weinen nicht” zeigen. Auch erwachsenenzentrierte Vorurteile, die die Fähigkeiten von Kindern unterschätzen, sind ein Beispiel dafür.

2. Begleiter sein

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir sie beim Erlernen der Selbstwahrnehmung und der Selbsterkenntnis begleiten können, was letztendlich dazu führt, dass die Kinder lernen, sich selbst auszudrücken.

Auf diese Weise verstehen sie, was mit ihnen geschieht, und es fällt ihnen leichter zu lernen, um das zu bitten, was sie brauchen, und vor allem, sich zu beherrschen und sich nicht überfordert zu fühlen, weil sie nicht wissen, was mit ihnen geschieht.

3. Schaffe Raum für Ausdruck

Es reicht nicht aus, zu wissen, was passiert. Es ist auch wichtig, es ausdrücken zu können. Hier wird jeder seinen eigenen Stil finden, aber es ist gut, wenn wir den Kleinen helfen können, die Worte zu finden, die ihnen helfen zu erklären, was sie fühlen oder was sie brauchen.

Manchmal hilft es, darüber zu sprechen oder es aufzuschreiben, um die Gefühle zu ordnen. Das wiederum trägt dazu bei, beide Gehirnhälften miteinander zu verbinden: die linke, die organisiert und Logik vermittelt, und die rechte, die eher für Emotionen, Erinnerungen und Empfindungen zuständig ist.

Diese Verbindung zu erreichen, ist der Schlüssel, vor allem weil wir lange Zeit damit verbracht haben, die beiden Gehirnhälften zu erziehen und zu glauben, dass sie unabhängig voneinander funktionieren.

Selbsterkenntnis ist ein großer Verbündeter des Respekts

Die Entwicklung der Selbsterkenntnis sollte als ein Prozess des Aufbaus und des ständigen Lernens betrachtet werden. Ihre Bedeutung liegt darin, dass wir in dem Maße, in dem wir uns selbst kennen, uns selbst respektieren und unsere Rechte einfordern können.

All dies nicht nur in Bezug auf andere Menschen, sondern auch in Bezug auf sich selbst. Und Tatsache ist, dass wir oft für die Selbstboykottierung und Unterwerfung von Gefühlen und Räumen verantwortlich sind.