Was ist BDSM und wie wird es praktiziert?
In den letzten Jahren haben eine Reihe von Romanen und Filmen eine bis dahin wenig bekannte und stigmatisierte Sexualpraktik in den Vordergrund gerückt: BDSM. Wahrscheinlich hast du schon eine Vorstellung davon, was das ist, und vielleicht hast du es sogar schon praktiziert, ohne dir dessen bewusst zu sein.
Hast du bei deinen sexuellen Begegnungen schon einmal Handschellen, Augenbinden oder Augenklappen benutzt? Hast du Rollenspiele gespielt, die auf der Hierarchie der Macht als Lehrer/in/Schüler/in oder Chef/in/Arbeitnehmer/in basieren? Dann bist du bereits in die Welt des BDSM eingetreten.
Es ist eine lustige Art, die Leidenschaft im Schlafzimmer anzuheizen, denn die Möglichkeiten sind so vielfältig. Bei dieser Gelegenheit erzählen wir dir mehr darüber und geben dir ein paar Tipps für die Praxis.
Was ist BDSM?
BDSM ist ein Akronym, dass sich aus den Begriffen Bondage (Fesselung), Disziplin/Dominanz, Sadismus (aber auch “Submission”, Unterwerfung) und Masochismus zusammensetzt. Einfach ausgedrückt handelt es sich dabei um eine Reihe von Sexualpraktiken, die auf einer Dynamik von Dominanz und Unterwerfung beruhen. Dabei übernimmt jeder Partner eine dieser Rollen, wobei es möglich ist, sie zu tauschen.
Der wichtigste Aspekt ist, dass es sich um eine völlig einvernehmliche und sichere Begegnung handelt. Beide Parteien müssen sich über die Grenzen einig sein, damit das Wohlbefinden der Beteiligten jederzeit gewährleistet ist.
Der Begriff BDSM wurde 1969 durch die Arbeit des Anthropologen Paul Gebhard geprägt. Allerdings gab es diese Praktiken bereits in sehr alten Zivilisationen und in sehr unterschiedlichen Kulturen, es handelt sich also nicht um etwas Neues.
Seitdem fasst man unter diesem Akronym eine Reihe von Handlungen zusammen, die in ihrer Intensität variieren können und nicht immer zur gleichen Zeit ausgeführt werden müssen. Das heißt, jede Person und jedes Paar kann den Begriff anders interpretieren und verwenden.
Um besser zu verstehen, worum es geht, erklären wir die Bedeutung der einzelnen Wörter, aus denen dieses Akronym gebildet wird.
Bondage (Fesselung)
Im Allgemeinen bezieht sich der Begriff Bondage auf das Fesseln mit Seilen, Stricken oder anderen Elementen, die im BDSM sehr präsent sind. In der Vergangenheit bezog sich der Begriff jedoch auf die Unterordnung zwischen Herren und Sklaven, zwischen Feudalherren und Vasallen.
Daher bezeichnet er nicht nur die Immobilisierung zu erotischen Zwecken, sondern auch eine Beziehung, in der die Macht asymmetrisch ist.
Disziplin
Disziplin umfasst die Regeln, Gewohnheiten und Verhaltensprotokolle, die von Menschen in einer untergeordneten Position befolgt werden müssen. Es handelt sich also um ein System von Regeln und Strafen, durch das die dominante Person Macht über ihr Gegenüber ausübt.
Dominanz
Sie bezieht sich auf die Rolle, die einer der Partner einnimmt, um die Kontrolle über den anderen auszuüben. Diese Person ist also diejenige, die nach Belieben befiehlt und über den unterwürfigen Partner oder die unterwürfige Partnerin dominiert.
Unterwerfung
Dies ist die komplementäre Rolle zur Dominanz. In diesem Fall nimmt die Person eine Position der Unterwerfung ein, in der sie sich dem Willen des/der Dominanten unterwirft. Die unterwürfige Person gehorcht und lässt die Handlungen des Partners/der Partnerin zu, immer auf freiwillige und einvernehmliche Weise.
Sadismus
Der Begriff bezieht sich auf erotische Praktiken, bei denen eine Person Freude daran hat, einer anderen Schmerzen zuzufügen oder sie zu demütigen. Auch hier gilt, dass alle Praktiken, die in diese Kategorie fallen, sicher und einvernehmlich sein müssen, da dieser Begriff nichts mit kriminellem Sadismus zu tun hat.
Masochismus
Als Ergänzung zum Sadismus empfindet die Person beim Masochismus Vergnügen am Erleiden körperlicher oder seelischer Schmerzen, die ihr der/die Sexualpartner/in zufügt. Der/die Partner/in hat jedoch immer die Macht, Grenzen zu setzen, die jederzeit respektiert werden müssen.
Was sind die Vorteile von BDSM?
Aufgrund mangelnden Wissens wurde BDSM stigmatisiert und mit Begriffen wie Missbrauch oder Perversion in Verbindung gebracht. Es handelt sich jedoch um eine gesunde Praxis, die mehrere Vorteile bieten kann, sofern sie im beiderseitigen Einvernehmen erfolgt. Im Folgenden stellen wir sie im Einzelnen vor.
- BDSM fördert die Kommunikation zwischen den Partnern. Jeder Akt muss freiwillig und einvernehmlich sein. Deshalb müssen die Partner in einem Dialog ihre Vorlieben und Grenzen zum Ausdruck bringen und Vereinbarungen treffen.
- Es steigert die Selbsterkenntnis und das Wissen über den anderen. Je intensiver die Kommunikation ist, desto mehr erfährt man über die Vorlieben und Wünsche des anderen und darüber, was den anderen erregt und welche Praktiken er/sie ablehnt. Aus demselben Grund nimmt auch das gegenseitige Wissen zu. Da die dominante Person jederzeit für das Wohlergehen des anderen sorgen und seine/ihre Wünsche respektieren muss, fördert dies außerdem den Aufbau von Vertrauen zwischen den beiden.
- Es regt die Fantasie an. Als unkonventionelle Sexualpraktik öffnet BDSM den Weg für Experimente, Fantasie und Innovation. Praktiken, Rollen und Elemente können variiert werden, um jede Begegnung zu einem einzigartigen Erlebnis zu machen.
- BDSM kann die Leidenschaft des Paares beflügeln. Auch wenn nicht jeder auf diese Art von Dynamik steht, kann es für manche Paare ein erfrischendes und stimulierendes Element sein, das es ihnen ermöglicht, der Routine und Monotonie zu entkommen.
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Gibt es Risiken?
Allerdings darf man nicht aus den Augen verlieren, dass BDSM Risiken für die physische und psychische Gesundheit mit sich bringen kann, wenn es nicht richtig praktiziert wird. Hautverletzungen, blaue Flecken, Muskelschäden oder sogar Erstickung sind einige der Hauptgefahren. Darüber hinaus kann es auch emotionale Folgen haben, wenn kein echter Konsens und absoluter Respekt herrschen.
Wenn BDSM nicht mit Sorgfalt praktiziert wird, kann es sogar tödlich enden. Allerdings ist dieser Fall sehr selten, wie eine im Journal of Sexual Medicine veröffentlichte Studie zeigt, die einen Überblick über die Fälle von unnatürlichen Todesfällen im Zusammenhang mit sexuellen Aktivitäten in den letzten 25 Jahren gibt.
Um jegliches Risiko zu vermeiden, muss man informiert sein und vorsichtig, vernünftig und sicher handeln. Es ist auch notwendig, mit dem/der Sexualpartner/in zu diskutieren, zu fragen und zu klären, wo seine/ihre Grenzen liegen.
Wie praktiziert man BDSM?
Wie du vielleicht schon vermutet hast, gibt es keine einheitliche Art, BDSM zu praktizieren, da es eine Reihe sehr unterschiedlicher Praktiken umfasst, die jedoch eine gemeinsame Wurzel haben. Zum Beispiel körperliche Beherrschung, Rollenspiele, Haustierspiele, Nadelspiele (Schmerzzufügung mit Nadeln) oder erotische Asphyxiation.
Manche Paare beschränken sich darauf, Fesseln zu benutzen oder Schmerzen in sehr geringem Maße zuzufügen, um die Erregung zu steigern. Andere wiederum bauen eine echte Dominanz-/Unterwerfungsdynamik auf, indem sie ihre jeweiligen Rollen im und außerhalb des Schlafzimmers spielen.
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Es gibt diejenigen, die auf körperliche Schmerzen zurückgreifen, und diejenigen, die sich einfach auf den psychologischen Aspekt der Demütigung konzentrieren. Und ebenso gibt es einige, die BDSM regelmäßig praktizieren und andere, für die es nur eine punktuelle Alternative darstellt. In jedem Fall ist es Sache des Paares zu entscheiden, wie weit sie das Spiel treiben wollen.
Kurz gesagt, BDSM kann für beide Partner sehr lustvoll und stimulierend sein. Wenn du neugierig bist und einige der Elemente einführen möchtest, vergiss nicht, dass Verantwortung und Respekt zu jeder Zeit grundlegend sind. Darüber hinaus könnt ihr eine ganz neue Welt der Empfindungen entdecken.
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