Urobilinogen im Urin: Normalwerte und Ursachen für erhöhte Werte
Ein Urintest oder eine Urinanalyse ist die älteste ergänzende Untersuchung und einer der am häufigsten angeforderten Tests in der medizinischen Praxis. Bei der Interpretation der erhaltenen Ergebnisse sollte der Kontext des jeweiligen Patienten berücksichtigt werden, um Diagnosefehler zu vermeiden. Mit diesem Teiltest lässt sich das Vorhandensein bestimmter Verbindungen bestimmen, darunter Urobilinogen, das für die gelbliche Färbung des Urins verantwortlich ist.
Die Konzentration von Urobilinogen im Urin wird in der Regel mit Teststreifen ermittelt. Diese Kunststoffstreifen bestimmen verschiedene Parameter durch die Visualisierung von Reagenzpads, die für jede Verbindung angeordnet sind.
Der anschließende Vergleich der auf jedem Pad beobachteten Färbung mit der vom Hersteller angegebenen Skala ermöglicht die Schätzung einer relativen Konzentration der Substanz im Urin.
Wie wird Urobilinogen hergestellt?
Urobilinogen ist ein Pigment, das aus dem Stoffwechsel von Bilirubin stammt. Es entsteht größtenteils beim Abbau von Erythrozyten.
Bei diesem Prozess wird die Häm-Gruppe des Hämoglobins in Biliverdin umgewandelt, das dann von einem Enzym in Bilirubin umgewandelt wird. Dieses Molekül, das als “unkonjugiertes” oder “indirektes” Bilirubin (iBil) bezeichnet wird, kann aufgrund seiner Konfiguration nur schwer ausgeschieden werden und muss sich daher an Albumin binden, das es zur Leber transportiert.
In der Leber angekommen, gelangt iBil in die Zelle, wo es mit Glucuronsäure konjugiert wird und direktes oder konjugiertes Bilirubin (dBil) bildet. Da diese Form löslicher ist, kann sie über die Galle in den Darm ausgeschieden werden.
Im Darm wandelt die Bakterienflora einen Teil des Bilirubins in eine Reihe von Pigmenten um, die als “Urobilinogene” bekannt sind und deren Derivate dem Stuhl die braune Färbung verleihen.
Der enterohepatische Kreislauf
Ein Teil des Urobilinogens wird allerdings im Darm in die Blutgefäße resorbiert und bildet den enterohepatischen Kreislauf. Da Urobilinogen ein relativ lösliches Pigment ist, muss es sich für den Transport nicht an Proteine binden und wird zurück in die Galle ausgeschieden.
Ein kleiner Prozentsatz bleibt jedoch im allgemeinen Kreislauf. Wenn dieses Urobilinogen die Nieren erreicht, wird es in den Urin gefiltert, der dadurch seine charakteristische bernsteinfarbene Färbung erhält.
Normale Urobilinogen-Werte
Bei der Bestimmung des Urobilinogen-Spiegels im Urin mit Hilfe von Urinteststreifen handelt es sich nur um einen Schätzwert. Daher gilt diese Art der Analyse als qualitativ oder halbquantitativ.
Da Urobilinogen eine Verbindung ist, die leicht oxidiert, kann seine tatsächliche Konzentration durch Lichteinwirkung beeinflusst werden, vor allem, wenn die Verarbeitung der Probe lange dauert.
In der Regel betrachtet die Fachwelt eine Konzentration von weniger als 1 mg/dL als innerhalb der normalen Grenzen. Allerdings gehen einige Autoren davon aus, dass Konzentrationen von bis zu 3 mg/dL nicht pathologisch sein müssen. Diese Bewertung sollte jedoch immer im Zusammenhang mit dem Patienten erfolgen.
Wenn Urobilinogen in der Urinanalyse fehlt, hat dies in der Regel keine klinische Bedeutung, da dieses Pigment leicht abgebaut wird.
Die Ursachen für erhöhte Urobilinogen-Werte im Urin
Urobilinogen an sich gilt nicht als diagnostischer Parameter für Krankheiten, ist aber unter bestimmten Bedingungen klinisch nützlich. Da es sich um ein Pigment handelt, das ein Produkt des Bilirubin-Stoffwechsels ist, gehört zur Interpretation eines veränderten Ergebnisses normalerweise auch eine Analyse des Verhaltens beider Substanzen.
Nachfolgend beschreiben wir die wichtigsten Gründe, warum der Urobilinogen-Wert erhöht sein kann.
Hepatopathien
Hepatitis verursacht Entzündungen und unterschiedliche Schädigungen des Lebergewebes. Die häufigste Ursache ist eine Infektion mit einem der Hepatitis-Viren.
Bei akuten Formen treten zunächst unspezifische Symptome auf, die dann in die ikterische Phase übergehen, welche durch eine deutliche Gelbfärbung von Haut und Schleimhäuten gekennzeichnet ist. Diese Pigmentierung der Schleimhäute ist ein Produkt der Bilirubin-Ansammlung im Blut.
Erhöhte Urobilinogen-Werte im Urin können ein frühes Anzeichen für eine Leberschädigung sein. Aus diesem Grund geht man davon aus, dass das Vorhandensein trivialer klinischer Manifestationen zusammen mit einem veränderten Urintest mit erhöhtem Urobilinogen-Werten einen frühen Verdacht auf eine Lebererkrankung begründen kann.
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Hämolytische Anämie
Bei hämolytischen Anämien kommt es zu einer vermehrten Zerstörung von Erythrozyten. Die Ursachen für dieses Phänomen sind unterschiedlich.
Da mehr Hämoglobin abgebaut wird, kommt es zu einem Anstieg des Bilirubins, wobei die indirekte Fraktion (iBil) überwiegt. Da die Leberfunktion jedoch unverändert bleibt, wird ein Teil dieser Substanz in konjugiertes Bilirubin (dBil) umgewandelt.
Dieser leichte Anstieg des iBil ermöglicht eine größere Ausscheidung des Moleküls über die Galle, die den Darmtrakt erreicht. Dort verstoffwechseln Bakterien diese Verbindung und produzieren eine etwas höhere Menge an Urobilinogen als normalerweise synthetisiert wird. Daher wird dieses überschüssige Urobilinogen über den enterohepatischen Kreislauf resorbiert, wobei ein Teil davon in den Urin gefiltert wird. In diesem Fall lässt sich eine erhöhte Konzentration feststellen.
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Erkrankungen, die das Urobilinogen im Urin verringern
Obwohl das Fehlen von Urobilinogen nicht als Hinweis auf eine Erkrankung gilt, kann dieses Ergebnis aufgrund der Korrelation mit den klinischen Symptomen des Patienten von gewissem Nutzen sein. Vor allem, wenn die Bedingungen für die Entnahme und Verarbeitung der Urinproben optimal waren.
Daher ist es nicht ratsam, den Befund eines erhöhten Urobilinogens zu verwerfen. Die Annahme, dass es sich um die Oxidation der Verbindung handelt, ist nicht immer richtig.
Wenn Urobilinogen im Urin fehlt, kann dies Ausdruck einer obstruktiven Gallengangspathologie sein. In diesem Fall hat der/die Patient/in in der Regel auch Bauchschmerzen und Gelbsucht (obwohl letztere auch fehlen kann).
Außerdem tritt aufgrund der fehlenden Pigmentierung ein weißlicher Stuhlgang auf (Acholie). Der Urin hingegen hat eine dunkle Farbe (Cholurie), weil konjugiertes Bilirubin (dBil) durch die Nierenfiltration ausgeschieden wird.
Darüber hinaus kann auch die Einnahme von Medikamenten den Urobilinogen-Wert im Urin verringern. Die Antibiotikatherapie mit Sulfonamiden ist die Hauptursache für dieses Phänomen. Daher muss dein Arzt/deine Ärztin nachfragen, ob du Medikamente einnimmst, wenn dieses Symptom auftritt.
Ebenso sollten allgemeine Empfehlungen für die korrekte Entnahme und den Transport der Probe zum Labor gegeben werden. Damit soll verhindert werden, dass die Ergebnisse verfälscht werden.
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