Coronavirus: Welche Rolle spielt die Blutgruppe?
Im März wurde in China eine wissenschaftliche Studie durchgeführt, um zu analysieren, wie SARS-CoV-2 sich auf die verschiedenen Blutgruppen auswirkt. Dieser Studie liegt eine Statistik von infizierten Menschen zugrunde, in der die jeweilige Blutgruppe differenziert wurde.
Die Ergebnisse dieser Forschung weisen darauf hin, dass Menschen mit der Blutgruppe A gefährdeter sind, an COVID-19 zu erkranken. Am wenigsten Infizierte gab es in der Blutgruppe 0.
Die Forscher selbst stellen jedoch auch klar, dass diese Daten kein definitives Ergebnis darstellen, denn es sind weitere Studien notwendig, um die erhaltenen Resultate zu bestätigen.
Doch verschiedene Experten weisen darauf hin, dass diese Unterschiede tatsächlich bestehen könnten. Wir werden im Laufe dieses Artikels sehen, dass die Blutgruppen ein Teil des menschlichen Immunsystems sind und deshalb auch ein Zusammenhang mit viralen Krankheiten besteht.
Die Forscher analysierten Blutproben von 2173 infizierten Menschen. Der Anteil an COVID-19-Patienten mit der Blutgruppe A war größer als der Durchschnitt, derjenige der Blutgruppe 0 deutlich geringer.
Was ist eine Blutgruppe?
Die Oberflächenstruktur der roten Blutkörperchen bestimmt die Blutgruppen, die erstmals 1901 von dem österreichischen Biologen Karl Landsteiner systematisch beschrieben wurden.
Landsteiner stellte fest, dass das Blut von zwei Personen beim Vermischen oft verklumpte. Außerdem beobachtete er, dass manche Bluttransfusionen erfolgreich waren, andere jedoch nicht. Dies veranlasste den Biologen dazu, dieses Thema weiter zu erforschen.
Landsteiner fand heraus, dass es zu einer Immunreaktion kommt, wenn Blut verschiedener Personen vermischt wird. Die Oberflächen der roten Blutkörperchen unterscheiden sich durch bestimmte Proteine, was zu einer Inkompatibilität führen kann.
Die Blutgruppen wurden deshalb in A, B, 0 und AB klassifiziert, was als AB0-System bezeichnet wird. Die Buchstaben und die Zahl 0 geben Auskunft darüber, ob bestimmte Proteine vorhanden sind oder nicht. Später wurde diese Klassifizierung mit dem Rhesus-System ergänzt, das auch als D-Antigen-System bezeichnet wird. Hier wird bewertet, ob ein spezifisches Antigen auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen vorhanden ist oder nicht.
Menschen mit dem Antigen D sind Rh-positiv. Falls dieses Antigen nicht vorhanden ist, spricht man von Rh-negativ, was zum Beispiel bei schwangeren Frauen ein Problem sein kann.
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Wie erfolgt die Ansteckung durch das neue Coronavirus SARS-CoV-2?
Um zu wissen, ob SARS-CoV-2 Menschen mit unterschiedlichen Blutgruppen anders beeinträchtigt, muss berücksichtigt werden, dass dieses Virus über Proteine in die Zellen eindringt. Es verfügt über haarähnliche Zellfortsätze an der Oberfläche (daher auch der Name, denn sie sehen wie eine Krone aus), die wie ein Schlüssel fungieren, um in die Zellen einzudringen.
Die Zellen der Alveolen in den Lungen, die Zellen der Nieren, bestimmte Herzzellen und Neuronen verfügen über Rezeptoren für das neue Coronavirus, die als ACE2 bezeichnet werden und teil des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems formen. Natürlich haben ACE2-Rezeptoren andere Funktionen, doch das Virus SARS-CoV-2 findet darin eine perfekte Möglichkeit, in die Zellen einzudringen.
Zwar wurde nicht registriert, dass das neue Coronavirus die roten Blutkörperchen infiziert, doch es besteht ein Zusammenhang der Blutgruppen mit der Immunität. Die Proteine und Antigene an der Oberfläche der Blutkörperchen sind für die Erkennung von Fremdpartikeln verantwortlich.
Was wäre also, wenn die Blutgruppe A nicht dieselben Fähigkeiten hätte wie die Gruppe B, um eine Infektion zu erkennen? Wir werden anschließend sehen, dass diese Frage neue Türen für zukünftige Forschungen öffnet.
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Warum wirkt das neue Coronavirus bei unterschiedlichen Blutgruppen anders?
Die Erklärung für die unterschiedliche Wirkweise liegt in der Art, wie das Coronavirus SARS-CoV-2 in die Zellen eindringt. Wir betonen jedoch noch einmal, dass es sich nur um ein vorläufiges Forschungsergebnis handelt, das durch weitere Studien bestätigt werden muss. Wissenschaftler gehen allerdings davon aus, dass die Antwort in der Beziehung zum Immunsystem zu finden ist.
Ein Teil der Proteine, von denen wir sprechen, sind Zuckerstoffe oder sie verbinden sich mit dem im Blut vorhandenen Zucker. Es ist bereits seit längerem bekannt, dass die Familie der Coronaviren eine Affinität zu Zucker aufweist. Wir sprechen von Zuckerstoffen als chemische Zusammensetzung, nicht von Haushaltszucker.
Auch die Antigene der roten Blutkörperchen, welche fremdes Blut akzeptieren oder zurückweisen, verwenden Zucker. Deshalb scheint es logisch zu sein, dass ein Patient mit bestimmten Zuckerarten an der Oberfläche der roten Bltukörperchen anders reagiert, als eine Person, bei der diese nicht vorhanden sind.
Blutgruppe und Coronavirus: Resümee
Diese Information beeinflusst die derzeitigen Schutz- und Vorsorgemaßnahmen in keiner Weise. Doch sie gibt Anlass, zukünftig das Verhalten von Viren in spezifischen Situationen besser zu erforschen. Wir können damit vielleicht das Problem besser verstehen und auch die Antwort auf externe Krankheitserreger wie Coronaviren verbessern.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
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