Bibliotherapie: Merkmale und Nutzen
Hast du schon einmal von Bibliotherapie gehört? Hierbei handelt es sich um eine Therapieform, bei der Bücher, Lesematerial und Lehrmittel als therapeutische Hilfsmittel eingesetzt werden, um Patienten mit emotionalen und psychischen Erkrankungen zu helfen, ihren Zustand besser zu verstehen. Es ist eine sehr nützliche Therapie, die auf dem Weg zur Genesung erheblich helfen kann.
In einer Welt, die von den audiovisuellen Medien beherrscht wird, die Kinder, Jugendliche und nicht mehr ganz so junge Menschen ständig bombardieren, ist es nicht verwunderlich, dass psychische und emotionale Störungen immer häufiger werden.
Tatsache ist, dass die audiovisuelle Stimulation, wenn überhaupt, nur sehr wenig Verständnis erfordert. Denn hierbei wird dir das gesamte Bild von Anfang bis Ende vorgegeben, ohne dass du bewusst oder gar nicht eingreifen musst. Lesen hingegen erfordert Verständnis und Nachdenken. Darüber hinaus haben die Botschaften eine viel größere Tiefe und Durchdringung.
An der Nutzung der Bibliotherapie als therapeutisches Mittel sind Fachkräfte für psychische Gesundheit und Primärversorgung, Bibliothekare, Verbände und die Patienten selbst beteiligt. Die größte Herausforderung besteht darin, unter Berücksichtigung der Altersgruppen und Pathologien die jeweils besten und geeignetsten Texte auszuwählen.
Die Geschichte der Bibliotherapie
Auch wenn sich dies sehr modern anhört, war die Bibliotherapie bereits im antiken Griechenland bekannt. Damals bezeichnete man Bibliotheken als “Orte der Heilung für die Seele”. Auch Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg verwundet wurden, wurde geraten, während ihrer Genesung zu lesen.
Die Bibliotherapie wurde in den 1930er-Jahren in den Vereinigten Staaten mit faszinierenden Titeln wie The Literature Prescription eingeführt. In den folgenden Jahrzehnten erschienen immer mehr Bücher, die sich auf dieses Fachgebiet bezogen.
Zunächst wurde diese Methode als Lehrmaterial verwendet, um den Patienten ein umfassenderes Wissen über ihre Krankheit zu vermitteln. Aber ab den 1990er-Jahren, mit dem Aufkommen der evidenzbasierten Medizin und Psychologie, kam sie auch für therapeutische Zwecke zum Einsatz.
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Das Vereinigte Königreich ist weltweit führend bei der Verschreibung von Büchern durch das Gesundheits- und Bibliothekssystem, das immer wieder neue Initiativen entwickelt.
Auch in Spanien gibt es in verschiedenen Gemeinden einige interessante Initiativen. Ein Beispiel ist das “literapia“-Programm des Hospital de Santiago de Compostela, ein Projekt, das Lesegruppen und Freiwillige einbindet.
An dieser Stelle möchten dich auch auf ein sehr populäres Buch von Lou Marinoff hinweisen: Plato Not Prozac aus dem Jahre 2000. Darin empfiehlt er die Nutzung der Philosophie, um die eigene innere Welt zu verstehen.
Merkmale der Bibliotherapie
- Die Bibliotherapie hat sich bei der Behandlung von Krankheiten im emotionalen oder psychischen Bereich als sehr hilfreich erwiesen.
- In leichten Fällen kann sie sogar als einzige Behandlung eingesetzt werden. Kombiniert mit der notwendigen entsprechenden Betreuung oder auch als Ergänzung zu Medikamenten und psychotherapeutischen Behandlungen.
- Darüber hinaus kann sie in Krankenhäusern, Tagesstätten und anderen Gesundheitseinrichtungen oder mit Unterstützung von öffentlichen Bibliotheken und Bildungszentren durchgeführt werden.
- Allerdings ist eine sorgfältige Auswahl der Texte und Materialien und eine Abstimmung auf die verschiedenen Krankheiten und Altersstufen erforderlich.
- Viele der vorhandenen Materialien zielen darauf ab, die Auswirkungen von Stress und dessen Rolle bei Angst und Depressionen zu verringern.
- Die Bibliotherapie nutzt emotionale Faktoren mit positiven Botschaften, um den Patienten zu helfen, Konflikte zu lösen und ihr Wohlbefinden wiederzuerlangen.
- In der so genannten Selbsthilfeliteratur wird versucht, positives Denken in den Alltag der von psychischen oder emotionalen Störungen betroffenen Patienten zu bringen.
- Das Lesen soll zu einem Instrument werden, das die Denkweise des Patienten oder der Patientin in Frage stellt und zur Genesung beiträgt.
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Vorteile des Bücherlesens
- Beim Lesen werden verschiedene Hirnareale aktiviert, z. B. das Broca- und das Wernicke-Areal sowie das Cingulum. Die Hirnareale werden je nach der Aktivität beim Lesen aktiviert. Aus diesem Grund nutzen manche Sportler die Visualisierung, um ihre Muskeln zu trainieren.
- Lesen fördert das Einfühlungsvermögen und die Widerstandsfähigkeit.
- Außerdem erweitert es den Wortschatz und verbessert die Kommunikation.
- Es stimuliert das Lernen und die Neugier, erhöht die kognitive Reserve und verzögert die Symptome von neurodegenerativen Krankheiten wie Demenz und Alzheimer.
- Lesen reduziert das Stressniveau: Man nimmt an, dass dies auf den Effekt zurückzuführen ist, dass der Geist beim Lesen aktiv bleibt, ähnlich wie beim Meditieren.
- Fördert Ruhe und Schlaf: Lesen aktiviert die Mechanismen für den nächtlichen Schlaf im Gehirn und ist daher für viele Menschen ein gutes Mittel gegen Schlaflosigkeit.
- Lesen reduziert das Gefühl der Einsamkeit: Wenn du beim Lesen ganz in die Geschichte eintauchst und dich mental und intellektuell mit ihr beschäftigst, fühlst du dich weniger einsam.
- Das Lesen vermittelt Wissen, Weisheit und Entscheidungsfreiheit, was sich auf dein Selbstwertgefühl und deine Sicherheit im Leben auswirkt.
In Büchern kannst du letztendlich alles finden, was du dir nur vorstellen kannst. Sie enthalten Wissen, Abenteuer, Reisen, Intrigen, Geschichte, Liebe. Und wie du in diesem Artikel gesehen hast, bieten sie sogar die Möglichkeit, geistige und emotionale Krankheiten und Leiden zu heilen. Viel Spaß beim Lesen!
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