Sexuelle Identität - was ist das eigentlich?
Das Spektrum, das das sexuelle Verhalten und die Selbstwahrnehmung der Menschen definiert, ist sehr vielfältig. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass dies durchaus für Verwirrung sorgen kann und zwar sowohl für diejenigen, die nicht den “traditionellen Normen” entsprechen, als auch für diejenigen, die das jeweilige Verhalten von außen betrachten. In unserem heutigen Artikel erklären wir dir, was sexuelle Identität ist und welche Unterschiede zu anderen Bezeichnungen in diesem Kontext bestehen.
Der Begriff “sexuelle Identität” wird häufig in Verbindung mit anderen Begriffen wie Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck, sexuelle Orientierung oder mit den universellen Begriffen Geschlecht und Sex verwendet. Es stimmt zwar, dass diese Begriffe bis zu einem gewissen Grad miteinander verwandt sind, aber dennoch haben sie eine andere inhaltliche Bedeutung. Hier erfährst du, warum das so ist und was ihre jeweiligen Merkmale sind.
Sexuelle Identität und ihre Merkmale
Die Bezeichnung “sexuelle Identität” bezieht sich darauf, wie du dich im Zusammenhang mit der körperlichen, emotionalen oder romantischen Anziehung zu anderen wahrnimmst. Forscher/innen weisen darauf hin, dass sich dieser Begriff von der Geschlechtsidentität unterscheidet.
Tatsächlich bezieht sich die Geschlechtsidentität auf die subjektive Wahrnehmung, die eine Person von ihrem Geschlecht hat, unabhängig von ihrem Geburtsgeschlecht. So kann sich eine Person mit genetischen, körperlichen und hormonellen Merkmalen des männlichen Geschlechts als Frau identifizieren oder umgekehrt.
Im Gegensatz dazu ist die sexuelle Identität, wie der Name schon sagt, enger mit den sexuellen Präferenzen verbunden als mit der Wahrnehmung des eigenen Geschlechts. Sie ähnelt der sexuellen Orientierung, nur dass sie mehr Überlegungen und die Berücksichtigung von Variablen beinhaltet (zum Beispiel die moralischen, ethnischen oder religiösen Vorstellungen, die die Person hat).
Kurz gesagt, die sexuelle Identität umfasst die Abwägung der sexuellen Vorlieben in Bezug auf das Spektrum des Individuums. Dieser Prozess schließt Elemente ein, die nicht nur mit Sex zu tun haben, wie z. B. romantische oder sentimentale Elemente.
Das könnte dich ebenfalls interessieren interessieren: Sex kann einen Großteil unseres Leides lindern
Die verschiedenen Ausprägungen oder Formen der sexuellen Identität
Wenn von den verschiedenen Ausprägungen oder Formen sexueller Identität die Rede ist, wird oft eine Analogie zu Formen sexueller Anziehung und sexueller Orientierung hergestellt. Allerdings besteht in Bezug auf die Bezeichnungen, die verwendet werden können, kein Konsens. Denn diejenigen, die sie nutzen, verwenden oft nicht dieselben Begriffe.
Abgesehen von diesen Unterschieden gibt es das klassische Modell der sexuellen Identität: Heterosexualität, Homosexualität und Bisexualität. Wie wir bereits erwähnt haben, setzt dieser Prozess jedoch eine komplexe individuelle Reflexion über die eigenen Vorlieben oder sexuellen Neigungen voraus und nicht nur eine passive oder gesellschaftlich auferlegte Anpassung.
Die Menschen, die sich als heterosexuell identifizieren, fühlen sich körperlich, emotional und romantisch zu Menschen des anderen Geschlechts hingezogen. Diejenigen, die sich als homosexuell wahrnehmen, fühlen sich zu Personen des gleichen Geschlechts hingezogen. Und Menschen, die sich als bisexuell bezeichnen, fühlen sich zu zwei oder mehr Geschlechtern (oder Gendern) hingezogen.
Allerdings solltest du wissen, dass diese drei Kriterien relativ allgemein sind. Der Begriff Bisexualität wird verwendet, um alle Neigungen oder Orientierungen zusammenzufassen, die nicht dem “Hetero”- oder “Homo”-Spektrum zugeordnet werden können. Das bedeutet, er schließt auch die folgenden ein:
- Queer
- Transgender
- Fließendes Geschlecht (genderfluid)
Sexuelle Identität: Monosexuell, bisexuell oder polysexuell?
Allerdings fühlen sich manche Menschen mit der Bezeichnung “bisexuell” nicht wohl und verwenden sie daher nicht, wenn sie ihre sexuellen Vorlieben definieren. Abgesehen von der Kontroverse lassen sich die Ausprägungen der sexuellen Identität auch nach anderen Kriterien einteilen, z. B:
- Monosexuell: Sexuelle Anziehung zu nur einem bestimmten Geschlecht (z.B. Heterosexualität oder Homosexualität).
- Polysexuell: Sexuelle Anziehung zu mehr als einem Geschlecht, aber nicht unbedingt zu allen (Bisexualität, Pansexualität usw.).
Ein Teil der Überlegungen greift auch die Begriffe “Monogamie” und “Polygamie” auf, die mit den vorherigen Bezeichnungen zusammenhängen. Diesmal jedoch unter dem Gesichtspunkt stabiler oder dauerhafter Beziehungen. Bei der Monogamie geht es um sexuelle und romantische Exklusivität, während die Polygamie die Schwelle der Exklusivität überschreitet.
Darüber hinaus kann der Prozess der sexuellen Identität auch dazu führen, dass man Asexualität oder sogar Vorlieben entdeckt , die nicht dem gängigen Kanon entsprechen. Wie du siehst, führt die Komplexität des Begriffs leicht zu Verwirrung. Es gibt zwar Versuche, Identitätskategorien zu schaffen, aber die Wahrheit ist, dass sie manchmal nicht ausreichen.
Das könnte dich ebenfalls interessieren: Wie mit der Homosexualität deines Kindes umgehen?
Die sexuelle Identität verbergen
Es gibt Belege dafür, dass es relativ häufig vorkommt, dass man seine sexuelle Identität bewusst oder unbewusst verbirgt. Man tut es bewusst, wenn man sich aus Angst vor den sozialen Auswirkungen (Stigmatisierung, Diskriminierung, Gewalttaten, Ablehnung usw.) dazu entschließt, sie zu verbergen.
Außerdem tut man dies auch unbewusst, wenn man beispielsweise vermeidet, darüber nachzudenken, und die Türen zum Selbstdialog oder der Auseinandersetzung mit sich selbst verschließt, ohne unbedingt an die möglichen Auswirkungen zu denken. Letztlich sind es diskriminierende Handlungen von Freunden, Familie, Kollegen und der Gesellschaft im Allgemeinen, die dazu führen, dass Menschen ihre sexuelle Identität verheimlichen.
Wie zu erwarten, kann das Verheimlichen der eigenen Identität verschiedene Folgen für den Einzelnen haben. Psychische Probleme, Depressionen und Ängste sind nur einige von ihnen. Außerdem kann es zu Verhaltensweisen führen, die die Identität noch weiter verbergen – zum Beispiel Homophobie, Biphobie, Transphobie und so weiter.
Fehlinformationen und Vorurteile verstärken die sozialen Ängste, die bei der Suche nach der eigenen sexuellen Identität auftreten können. Daher ist es auch nicht ungewöhnlich, dass man die Unterstützung eines Fachmanns benötigt, um den Prozess zu internalisieren. Entgegen der landläufigen Meinung ist dies nicht mit einem Fingerschnippen erledigt. Manchmal braucht es Zeit, und Geduld kann ein großer Verbündeter im Reflexionsprozess sein.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Chrobot-Mason, D., Button, S. B., & DiClementi, J. D. Sexual identity management strategies: An exploration of antecedents and consequences. Sex roles. 2001; 45(5): 321-336.
- Dillon, F. R., Worthington, R. L., & Moradi, B. Sexual identity as a universal process. In Handbook of identity theory and research (pp. 649-670). Springer, New York, NY. 2011.
- Diamond, M. Sex and gender are different: Sexual identity and gender identity are different. Clinical child psychology and psychiatry. 2002; 7(3): 320-334.