Der Forer-Effekt: Glaubst du an Horoskope oder Wahrsager?

Der Forer-Effekt lädt uns ein, über die Gefahr nachzudenken, die darin besteht, dass wir versuchen, unsere Überzeugungen zu bestätigen, ohne empirische Daten zu berücksichtigen. Welche Merkmale weist er auf? Wie funktioniert er? Hier findest du es heraus!
Der Forer-Effekt: Glaubst du an Horoskope oder Wahrsager?
Maria Fatima Seppi Vinuales

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Maria Fatima Seppi Vinuales.

Letzte Aktualisierung: 04. August 2022

“Es ist genau so, wie ich es im Horoskop gelesen habe: Ich sollte diese Woche einen Familienkonflikt haben und du siehst, jetzt ist genau das passiert.” “Meine Persönlichkeit entspricht genau der Beschreibung in dem Test, den ich gemacht habe.” Das sind einige der Sätze, die wir oft hören: Mythos oder Realität, was steckt hinter Horoskopen? Einer der Effekte, der ausgelöst wird, ist der sogenannte Forer-Effekt.

Hierbei handelt es sich um ein psychologisches Phänomen, das dazu führt, dass Menschen bestimmte Verallgemeinerungen, die auf jede Person angewendet werden können, als auf sie zutreffend akzeptieren. Der Forer-Effekt ist auch als Täuschung durch persönliche Validierung oder als Barnum-Effekt bekannt. In diesem Artikel erfährst du, wie er funktioniert und welche Merkmale ihn kennzeichnen.

Wie funktioniert der Forer-Effekt?

Der Forer-Effekt geht auf ein Experiment zurück, das der Psychologe Bertram Forer mit seinen Studenten durchgeführt hat. Er gab ihnen ein Blatt Papier mit einer Reihe von Fragen, anhand derer er ihre Persönlichkeit einschätzen sollte.

Nach der Beantwortung händigte er ihnen eine vermeintliche Auswertung des Tests aus. Allerdings wussten die Studenten nicht, dass er die Antworten gar nicht ausgewertet hatte. Stattdessen erhielt jede/r die gleiche Auswertung, welche unter anderem folgende Aussagen beinhaltete:

  • “Du hast das Bedürfnis, dass andere Menschen dich mögen und bewundern, und dennoch neigst du dazu, dich selbst zu kritisieren.”
  • “Du hast beträchtliche Fähigkeiten, die du nicht zu deinem Vorteil genutzt hast.”
  • “Manchmal hast du ernsthafte Zweifel, ob du das Richtige getan oder die richtige Entscheidung getroffen hast.”

Anschließend bat Forer die Studenten , auf einer Skala von 0 bis 5 zu bewerten, wie zutreffend die Aussagen auf ihre Persönlichkeit waren, wobei  0 “trifft gar nicht zu” und 5trifft sehr gut zu” bedeutete.  Nachdem alle Bewertungen ausgewertet waren, ergab sich ein Durchschnittswert von 4,26 Punkten.

Die Überraschung war groß, als Forer seine Studenten darauf hinwies, dass es sich um Beschreibungen aus einem Zeitungshoroskop handelte und nicht um eine Auswertung ihrer individuellen Antworten. Das bestätigte, dass sich Menschen oft mit Aussagen identifizieren, wenn sie nur allgemein und mehrdeutig genug sind.

Forer-Effekt - Frau studiert Horoskope
Ein Beispiel für den Forer-Effekt sind Menschen, die sich mit dem Horoskop identifizieren.

Merkmale des Forer-Effekts

Der Forer-Effekt tritt bei vielen Menschen auf, wenn durchaus vorstellbare und häufig auftretende Situationen dargestellt und absolute Aussagen vermieden werden. Wenn wir zum Beispiel in einer Persönlichkeitsbeschreibung lesen: “Du bist zielorientiert, auch wenn du dich manchmal von Schwierigkeiten entmutigen lässt”, würde kaum jemand das Gegenteil zu behaupten, denn auf die meisten Menschen trifft diese allgemeine Aussage zu.

Das heißt, dieser Effekt ist selbstreferenziell, sodass sich die Menschen mit dem, was sie lesen, identifizieren. Er ist auch deshalb so verbreitet, weil er auf einem Bestätigungsfehler beruht: Menschen nehmen Hinweise aus ihrer Umgebung auf, die sie dazu bringen, das zu bestätigen oder zu verstärken, was sie bereits geglaubt oder gedacht haben.

Es ist, als würde man immer die gleiche Brille aufsetzen, wenn man eine Situation interpretiert. Das ist sehr hilfreich, vor allem wenn man gerne Recht hat oder glaubt, Recht zu haben. Ein weiterer Grund, warum es funktioniert, ist, dass wir Ungewissheit nur schwer ertragen können.

Weitere Merkmale

Wir haben das Bedürfnis zu wissen, was passieren wird, und wir suchen nach einem Gefühl der Kontrolle über die Zukunft. Genau aus diesem Grund entscheiden wir uns dafür, wenn uns etwas hilft, uns leitet und uns das Gefühl gibt, dass wir “festen Boden unter den Füßen haben”.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass sich Menschen aufgrund von Wünschen bewegen, manchmal sogar mehr als aufgrund empirischer Daten. Wir suchen nach Gründen, die unsere Hoffnungen “untermauern”.

Wie oben beschrieben, haben wir das Bedürfnis, Dinge zu erklären, die geschehen. Deshalb sind wir auch in der Lage, uns mit einigen Antworten zufrieden zu geben.

Ein weiterer entscheidender Faktor für das Wirken dieses Effekts ist das Vorhandensein positiver Aspekte in den Beschreibungen (wir entscheiden uns dafür, an das zu glauben, was uns positiv stimmt, und lehnen das ab, was nicht stimmt) und die Autorität, die dem Sprecher/der Sprecherin zugestanden wird.

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Einige Erläuterungen zum Forer-Effekt

Der Forer-Effekt gilt für alles, was Verallgemeinerungen darstellt, mit denen man sich leicht identifizieren kann. Allerdings sollte man ihn nicht mit Pseudowissenschaft oder Forschungsinstrumenten wie Persönlichkeitsinventaren oder verwandten Tests verwechseln, deren Hauptattribute Reliabilität und Validität sind.

Forer-Effekt - überraschte Frau
Der Forer-Effekt erklärt, warum wir die Merkmale, die andere über unsere Persönlichkeit angeben, als gültig akzeptieren, obwohl sie auf jeden zutreffen können.

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Das Wissen um den Forer-Effekt lädt zum Nachdenken ein

Hier geht es nicht darum, das Horoskoplesen oder das Handlesen zu verteufeln. Jeder kann an das glauben, was er oder sie möchte. Wichtig ist, dass wir wissen, dass wir jenseits der Werkzeuge, für die wir uns entscheiden, die Protagonisten unseres Lebens sind.

Wir sind aktive Wesen mit der Fähigkeit, frei zu entscheiden, unsere Meinung zu ändern und zu wählen, welchen Weg wir gehen wollen. Daher sollten wir uns nicht mit vereinfachenden oder taxierenden Aussagen über uns selbst zufrieden geben, sondern versuchen, uns selbst zu kennen und zu wissen, welche Ressourcen wir wann einsetzen.

Schließlich lädt uns der Forer-Effekt dazu ein, über die potenzielle Gefahr nachzudenken, die darin besteht, dass wir immer versuchen, das zu bestätigen, was wir glauben. Diese Haltung – die durch eine gewisse Hermetik gekennzeichnet ist – kann zu kognitiven Verzerrungen führen, die uns dazu bringen, bestimmte Aspekte zu übersehen.

Sie führt auch zu einer geistigen Abschottung, die weit entfernt von Kreativität, Flexibilität und Toleranz ist. Darüber hinaus kann sie sogar zu gefährlichen Situationen führen. Oder wie ein Sprichwort besagt: “Es gibt keinen schlimmeren Blinden als den, der nicht sehen will”.


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