Das allgemeine Anpassungssyndrom: Wie wir auf Stress reagieren

Wenn wir mit einer stressigen Situation konfrontiert werden, reagiert unser Körper auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Eine Gefahr für unsere körperliche und geistige Gesundheit entsteht dann, wenn diese Stressfaktoren dauerhaft in unserem Leben vorkommen. Schauen wir es uns an.
Das allgemeine Anpassungssyndrom: Wie wir auf Stress reagieren
Valeria Sabater

Geprüft und freigegeben von der Psychologin Valeria Sabater.

Geschrieben von Valeria Sabater

Letzte Aktualisierung: 18. Juli 2022

Das allgemeine Anpassungssyndrom beschreibt, wie unser Körper auf eine stressige Situation reagiert. Diese Theorie, die 1936 von dem Physiologen Hans Selye aufgestellt wurde, zeigt uns all jene körperlichen Vorgänge, die wir empfinden, wenn es etwas in unserer Umgebung gibt, das uns entweder überwältigt oder unsere Fähigkeit übersteigt, es zu kontrollieren.

Nervosität, Magenschmerzen, Sorgen, Kopfschmerzen… Die meisten von uns haben die Symptome von Stress schon mal erlebt. Doch obwohl wir die Folgen kennen, fehlt uns das Bewusstsein für die Auslöser und vor allem das Verständnis dafür, warum uns diese Symptome widerfahren. Obwohl Stress also eine normale körperliche Reaktion ist, leiden wir darunter.

Seien wir mal ehrlich, wir leben in einer Gesellschaft, in der nicht nur Zustände wie Stress und Angststörungen normal geworden sind. Über eine Person, die diese Zustände nicht erreicht, wird sogar behauptet, sie strenge sich bei der Arbeit oder im Alltag nicht genug an. Doch dieses Denken hat gravierende Folgen für die Gesundheit. Analysieren wir also, wie dieser Prozess der Anpassung an Stresssituationen abläuft.

Das allgemeine Anpassungssyndrom: Definition und Phasen

Stellen wir uns zum Beispiel vor, dass wir eine neue Stelle beginnen. Nach ein paar Wochen merken wir, dass die Arbeitsbelastung zu hoch und die Arbeitsumgebung nicht nur bedrückend ist, sondern auch unsere Stimmung drückt und unsere Wünsche zunichtemacht. Die körperliche Belastung dabei ist offensichtlich.

Was wir jedoch in dieser Zeit erleben, beschreibt sehr gut die Essenz der von Hans Selye aufgestellten Theorie. Das allgemeine Anpassungssyndrom beschreibt den Prozess dieser natürlichen menschlichen Reaktion auf Stresssituationen.

Diese Erfahrung kann ganz normal sein, wenn wir es endlich schaffen, uns diesen anspruchsvollen Reizen in unserer Umgebung anzupassen. Wenn die Reize jedoch stärker sind als unsere Fähigkeit, sie zu kontrollieren, diese sogar übersteigen und über einen längeren Zeitraum andauern, hat dies negative Folgen.

Man sollte auch im Kopf behalten, dass diese Reaktionen überall auf der Welt gleich sind. Dr. Selye führte an der McGill University in Montreal eine Reihe von Experimenten an Mäusen durch, in denen er sie Stresssituationen aussetzte, um zu sehen, welche Verhaltensweisen sie zeigten.

Die Auswirkungen waren immer die gleichen. Nur ging man später vom Tiermodell zum Menschen über, um zu beweisen, dass das allgemeine Anpassungssyndrom tatsächlich immer drei Phasen durchläuft. Schauen wir uns diese im Folgenden genauer an.

Allgemeines Anpassungssyndrom
Das allgemeine Anpassungssyndrom ist der Prozess, den wir natürlicherweise durchlaufen, wenn wir mit hochgradig stressigen Situationen konfrontiert werden.

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1. Die Alarm- oder Schockphase

Aktuell ist das Modell von Selye noch anwendbar. Studien, wie die, die an der Universität von West Virginia in den Vereinigten Staaten durchgeführt wurde, haben versucht, Schwachstellen in diesem Ansatz zu finden, aber seine Grundlage ist noch immer von Bedeutung.

Oft wird es auf den Bereich des Sports übertragen, um die Wirksamkeit zu testen. Ein Bereich, der es uns erlaubt, diese Phasen sehr gut zu veranschaulichen. Das erste Beispiel bezieht sich auf eine sehr stressige Situation, in der wir uns erstmals befinden.

Zum Beispiel, wenn du einem Gegner beim Tennis, Fußball oder Karate gegenüberstehst. Wir können auch das Beispiel mit der neuen Stelle nehmen. Unser Körper reagiert wie folgt:

  • Wir erleben Herzrasen und Alarmsignale.
  • Meistens fühlen wir uns zunächst wie gelähmt und wissen nicht, wie wir reagieren sollen.
  • Mit diesem bedrohlichen Reiz konfrontiert, beginnt das Nebennierensystem, das Stresshormon Cortisol auszuschütten.

Wenn es der Person gelingt, diese erste Phase zu überwinden und wieder die Kontrolle zu übernehmen, endet hier das allgemeine Anpassungssyndrom. Wenn nicht, gehen wir in die nächste Phase über.

2. Die Widerstandsphase

Wenn der Stressfaktor in unserer Umgebung verbleibt und wir uns noch nicht an ihn angepasst haben, erreichen wir die Widerstandsphase. In diesem Stadium ist der Aktivierungsgrad nicht mehr so hoch, aber die körperlichen Beschwerden sind immer noch in mehr oder weniger starkem Maße vorhanden. Lass uns noch etwas tiefer gehen.

  • Widerstand ist definiert als eine anhaltende Unfähigkeit mit dem, was uns überwältigt, beunruhigt oder alarmiert, umzugehen, es zu akzeptieren oder darauf zu reagieren. Der Stress bleibt bestehen; zwar erleben wir nicht mehr so starkes Herzrasen und fühlen uns nicht mehr in diesem Gefühl der ständigen Wachsamkeit und Überempfindlichkeit gefangen, aber die Unsicherheit und das Unbehagen bleiben, weil wir uns nicht an die Situation anpassen.
  • In unserem Körper wird weiterhin Cortisol ausgeschüttet, was zu Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und Konzentrationsproblemen führen kann.

Wenn wir uns in dieser Phase nicht an die jeweilige Situation und ihre Stressfaktoren anpassen, geraten wir in eine problematischere Phase.

3. Das allgemeine Anpassungssyndrom und die Phase der Erschöpfung

Wie Dr. M. Carmen Ocaña Méndez in ihrer Arbeit über das allgemeine Anpassungssyndrom erklärt, lebt ein guter Teil der Bevölkerung heutzutage in der Erschöpfungsphase.

Das heißt, viele von uns leben ständig in einem anhaltenden Stresszustand, weil wir uns nicht an die stressigen Reize, die uns umgeben, gewöhnen oder es nicht schaffen, mit ihnen umzugehen.

  • Wenn wir uns monatelang in einem Zustand von Dauerstress befinden, sind unsere körperlichen und geistigen Ressourcen erschöpft.
  • Das Risiko, an bestimmten Krankheiten zu leiden, steigt. Am häufigsten zeigen sich u. a. Anzeichen von Bluthochdruck, Verdauungsstörungen, Schlaflosigkeit, Beschwerden des Bewegungsapparates, Kopfschmerzen und Schwindel.
  • Außerdem dürfen wir eine Tatsache nicht aus den Augen verlieren: Stress, der chronisch wird, führt zu Angststörungen.
Allgemeines Anpassungssyndrom
Stress, dem man nicht frühzeitig entgegenwirkt, kann zu schwerwiegenderen Problemen führen, wie beispielsweise zu Angststörungen.

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Wie wichtig es ist, zu lernen mit Stress umzugehen

Das allgemeine Anpassungssyndrom zeigt uns, wie wichtig es ist, Stress so schnell wie möglich entgegenzuwirken, um nicht in die Erschöpfungsphase zu geraten. Stress, der nicht bewältigt wird, wird chronisch und mit ihm gehen Beschwerden und damit verbundene Krankheiten einher. 

Wir müssen uns vor Augen halten: Der Umgang mit diesen Zuständen ist nicht nur möglich, sondern notwendig. Wir alle haben Ressourcen, um dies zu tun (Lazarus, 1980). Dies wären einige Strategien:

  • Kläre belastende Reize.
  • Entwickle Lösungen für Probleme. Vermeide, dass Herausforderungen von Tag zu Tag größer und unkontrollierbarer werden.
  • Reagiere auf deine Emotionen. Wir müssen versuchen, die Kontrolle über sie zu erlangen und nicht andersherum.
  • Setze dir jeden Tag neue Ziele, um die Situation zu lösen und dein Wohlbefinden zu steigern.
  • Führe ein gesundes Leben, übe Entspannung und tiefe Atmung.

Und nicht zuletzt sollten wir lernen, um Hilfe zu bitten, wenn wir sie brauchen. Die Unterstützung unserer Angehörigen und das Eingreifen durch spezialisierte Fachleute wird uns davor bewahren, überhaupt erst an solche Grenzen der Erschöpfung zu kommen.


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