Neurogenese: Wie entstehen neue Nervenzellen?
Die Entdeckung, dass die Neurogenese auch im erwachsenen Gehirn weiterhin aktiv ist, hat das Konzept der Gehirnplastizität verändert und neue Mechanismen erkenntlich gemacht, welche die Homöostase des Nervensystems garantieren.
Die Gehirnplastizität bezieht sich auf die Fähigkeit des Gehirns, seine Struktur und Funktionen während des Reifungs- und Lernprozesses oder bei krankheitsbedingten neuronalen Schäden zu verändern.
Dieses Konzept geht also davon aus, dass das Gehirn ein formbares Organ ist, das auf unterschiedliche Faktoren reagiert, welche unser Denkorgan bei der Bildung neuer Neuronen sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können. Die Neurogenese kann also sehr vorteilhafte Effekte auf unsere kognitiven Funktionen haben.
Bereits seit 1966 wird die Bildung neuer Nervenzellen im Gehirn beobachtet. Später wurde dieser Prozess bestätigt und heute ist bekannt, dass es bei Erwachsenen zwei Gehirnbereiche gibt, in denen die Neurogenese stattfindet: im Riechkolben und im Hippocampus.
Diese zwei Gehirnregionen haben spezifische Eigenschaften, die die Bildung neuer Nervenzellen ermöglichen: die Neurogenese.
Wie funktioniert die Neurogenese?
Wie bereits anfangs erwähnt, wird jener Prozess als Neurogenese bezeichnet, der die Bildung neuer Nervenzellen ermöglicht. Im Hippocampus und im Riechkolben erwachsener Säugetiere konnte dieser Prozess beobachtet werden. Deshalb geht man davon aus, dass neuronale Stammzellen das ganze Leben lang vorhanden sind.
Der Prozess ist sehr komplex und entwickelt sich in unterschiedlichen Phasen:
- Proliferation pluripotenter Stammzellen, die in allen plurizellulären Organismen vorhanden sind und die Fähigkeit haben, sich zu teilen und in unterschiedliche spezialisierte Zellen zu differenzieren. Außerdem können sie sich selbst erneuern und neue Stammzellen erzeugen.
- Migration
- Differenzierung
- Überleben des neuen Neurons
- Integration der Nervenzelle in die bereits vorhandenen neuronalen Schaltkreise
Die Veränderungen der Zellen, die den Prozess der Neurogenese durchlaufen, haben es ermöglicht, verschiedene Eigenschaften zu identifizieren, die von den Proteinmarkern abhängen, die während des Prozesses auftreten.
Die Bildung von Nervenzellen erfolgt unter genauer Kontrolle, um Beeinträchtigungen der neuronalen Netze zu verhindern. Die neurogene Nische ist einer der Faktoren, der bei der Regulierung der Neurogenese eine Rolle spielt. Wichtige Bestandteile der Stammzellnischen sind:
- Pluripotente Zellen
- Astrozyten
- Endothelzellen
Diese drei Bestandteile handeln aus folgenden Gründen in synchronisierter Form:
- Sie halten die Anzahl der pluripotenten Zellen aufrecht.
- Die Astrozyten kontrollieren die Proliferation der pluripotenten und der sich schnell vergrößernden Zellen, sowie die Migration dieser Zellen durch verschiedene Faktoren.
- Sie erhalten die Bevölkerung der Astrozyten und der Endothelzellen.
Faktoren, welche die Neurogenese modulieren
Die Neurogenese ist kein statischer, sondern ein dynamischer Prozess. Aus diesem Grund wird dieser Prozess durch verschiedene Faktoren moduliert und reguliert, die auf die Bedürfnisse des Gehirns reagieren.
Zu diesen Faktoren zählen die Stammzellennischen sowie interne und externe Faktoren.
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Interne Faktoren
Die internen Faktoren kontrollieren die Proliferation der pluripotenten Zellen und der davon abgeleiteten Zellen. Zu diesen Faktoren gehören folgende:
- Rezeptoren aus den Stammzellen und Vorläuferzellen diverser Zellen, wie Proteine, welche die Kommunikation von Zelle zu Zelle kontrollieren.
- Signaltransduktionssysteme wie Sonic-Hedgehog und WNT
- Bestimmte Adhäsionsmoleküle, wie das Neuronale Zelladhäsionsmolekül (NCAM)
- Die durch den Neurotransmitter GABA ausgelöste Signalisierung zwischen den Astrozyten und Neuroblasten, welche die Produktion und die Migration der Vorläuferzellen, wo sich die pluripotenten Zellen befinden, erhöht.
Die internen Faktoren regulieren jedoch nicht nur die Zellproliferation, sondern auch die Entscheidung der Vorläuferzellen, neue Neuronen zu bilden.
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Externe Faktoren
- Hormone
- Wachstumsfaktor
- Gehirnschaden
Doch unlängst wurde auch entdeckt, dass Glutamat einen dualen Effekt auf einige der Entwicklungsphasen hat. Auch GABA, Serotonin und Dopamin beeinflussen diesen Prozess.
Zusätzlich zu diesen Neurotransmittern können auch Drogen, bestimmte Hormone, wie Kortikoide, die Schwangerschaft, Alkohol oder negative Erfahrungen im ersten Lebensabschnitt eine Wirkung auf die Neurogenese ausüben.
Fazit
Die Neurogenese im erwachsenen Gehirn ist ein höchst interessanter Prozess, um bei neurodegenerativen Krankheiten neue Nervenzellen zu bilden. Auch für die Behandlung von Krankheiten mit selektiven neuronalen Verlusten, wie neurologische oder psychiatrische Störungen, kann dieser Prozess grundlegend sein.
Wichtig ist, in weiteren Forschungsstudien mehr über die Manipulation pluripotenter Zellen zu lernen, um ihr Potential bestmöglich nutzen zu können.
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