Das Helfersyndrom: Wie man auf denjenigen aufpasst, der hilft

Nur eine gesunde Person kann sich um andere Menschen kümmern. Du, als derjenige, der die Verantwortung für andere trägt, darfst dich daher nicht selbst vernachlässigen
Das Helfersyndrom: Wie man auf denjenigen aufpasst, der hilft

Geschrieben von Melanie

Letzte Aktualisierung: 31. Januar 2019

Viele von uns kümmern sich tagtäglich um bedürftige Menschen, übernehmen die Pflege der alten Mutter, des kranken Schwiegervaters oder des eigenen Kindes, das aufgrund einer Behinderung nicht allein durch sein Leben findet. Was ist das Helfersyndrom?

Dabei kann derjenige, der die Verantwortung für andere übernimmt, ihnen das Leben einfacher macht und ihre Bedürfnisse stillt, ein Helfersyndrom entwickeln. Das passiert gar nicht so selten.

Schritt für Schritt kann die Pflege Dritter zu einer Überlastung führen, die sowohl physischer als auch emotionaler Art sein kann. Diese Überlastung sollte nicht unterschätzt werden und geht oft mit einem Helfersyndrom einher.

Die Situation entwickelt sich langsam, bis sich das Leben des Helfers nur noch um die abhängige Person dreht und er keine Zeit mehr findet, sich um sich selbst zu kümmern. Der Helfer ist nur noch Helfer und hat kaum noch ein eigenes Leben.

Wo aber ist die Grenze? Wie stellen wir uns dieser Situation, die in der heutigen Gesellschaft immer häufiger vorkommt? Sprechen wir darüber.

Das Helfersyndrom – fast immer sind Frauen betroffen

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Die vorhandenen statistischen Daten sprechen eine klare Sprache: Die Verantwortung, die Pflege für bedürftige Angehörige zu übernehmen, lastet nahezu immer auf den Schultern der Frau.

Sie widmet sich dieser Aufgabe in der Regel sehr liebevoll, opfert sich für die betroffene Person auf, zu der sie eine emotionale Beziehung hat. Sie kann nicht zulassen, dass der Pflegebedürftige oder Behinderte zurückgelassen wird, sie weiß, dass er auf ihre Hilfe angewiesen ist.

In dem Moment, in dem die Frau die Rolle des Pflegers übernimmt, kommt es allerdings auch in ihrem Leben zu Veränderungen:

  • Nahezu 60% der Personen, die sich um einen pflegebedürftigen Angehörigen kümmern müssen, sehen sich dann gezwungen, ihre Arbeit aufzugeben.
  • Als Pfleger ist man 24 Stunden täglich für den Betroffenen da.
  • Der Helfer widmet sich seiner Aufgabe voller Liebe sowie Hingabe. Daraus entwickeln sich nicht selten auch Angstgefühle: Angst, nicht rechtzeitig für den anderen dazusein, Angst, dass der Betroffene nicht gut genug gepflegt wird, insbesondere, wenn der Pflegende sich eine kleine Auszeit gönnt und seine Aufgabe zeitweise von Dritten übernommen wird.
  • Die Mehrzahl derjenigen, die die Rolle des Helfers übernehmen, sind dann auf diese Aufgabe nicht vorbereitet. Sie wissen nicht, wie der pflegebedürftige Angehörige bewegt werden kann und überlasten sich überdies physisch. Sie begehen Fehler in der Pflege, bei der Gabe von Medikamenten, bei der Ernährung sowie in Sachen Körperhygiene.

Wer kann daran leiden?

  • Die Pfleger haben selbst ein durchschnittliches Alter von 50 bis 60 Jahren und sind überdies nicht mehr voll leistungsfähig, haben eigene gesundheitliche Probleme.
  • Es wird versucht, nicht nur den pflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen, sondern gleichzeitig auch weiteren Familienmitgliedern, Kindern, Enkelkindern, gerecht zu werden.
  • Der Helfer gibt seine Freizeit oft völlig auf, geht seinen Hobbys nicht mehr nach, kann nicht entspannen. Sein Leben bewegt sich in kreisförmigen Bahnen, aus denen er nicht mehr ausbrechen kann und die für ihn eine starke physische und emotionale Belastung darstellen.

Alarmzeichen für ein Helfersyndrom

Ermuedung

Sehr häufig ist dem Pfleger die physische und emotionale Belastung, der er unterliegt, nicht bewusst.

Oft geht es dem Pflegebedürftigen im Rahmen seiner Limitationen sogar recht gut, während der Helfer an Gewicht verliert, an Rückenschmerzen leidet, an chronischer Ermüdung und Stress und nicht selten auch an Depressionen.

Zu den wichtigsten Alarmzeichen für ein Helfersyndrom gehören:

  • Körperliche und mentale Erschöpfung
  • Schlafstörungen
  • Stimmungsschwankungen
  • Sichtbare Gewichtsschwankungen
  • Abhängigkeit von Schmerz- und Schlafmitteln
  • Soziale Isolation
  • Kognitive Störungen, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprobleme

Tipps zur Prophylaxe des Helfersyndroms

Helfer
  • Erstelle einen Tagesplan, in dem du jeden Tag ein paar Stunden nur für dich einplanst.
  • Lerne, Verantwortung an andere zu übertragen, anders geht es nicht. Die Pflege einer bedürftigen Person darf nicht allein auf einem Menschen lasten, triff daher Absprachen mit weiteren Angehörigen oder mit Pflegediensten. Das heißt nicht, dass “du den Angehörigen weniger liebst und dich nicht um ihn kümmern willst”. Im Gegenteil. Der Betroffene erfährt Kontakte zu anderen Menschen und verfügt so über ein erweitertes soziales Umfeld. Und nur wenn es dir gut geht, wirst du ihm eine gute Hilfe sein können. Wenn du schlecht gelaunt und überlastet bist, kannst du deinen Angehörigen auch nicht gut pflegen.
  • Informiere dich über die Erkrankung oder das Problem, unter dem die Person, um die du dich kümmerst, leidet. Sprich mit Ärzten und anderen Experten, ihre Aufgabe ist es, dir beizustehen. So kannst du dich zielgerichteter um den von dir abhängigen Menschen kümmern.
  • Erhalte dir Freundschaften, soziale Kontakte, Hobbys. Pass auf dich auf, auf deinen Körper und dein Herz, und gönne dir täglich ein bisschen Glück.
  • Bewege dich regelmäßig, treib leichten Sport, wenn möglich an frischer Luft. Plane täglich einen kurzen Spaziergang ein, mach zu Hause ein paar Dehnungsübungen und achte insbesondere auf deinen Rücken.
  • Zögere nicht, um professionelle Hilfe zu bitten, wenn du mit deiner Aufgabe überfordert bist. Ärzte und Beratungsdienste sind nicht nur für denjenigen da, den du pflegst. Suche sie auch auf, um deine eigenen Probleme zu lösen. Du bist genauso wichtig, und wenn du ausfällst, dann spürt das vor allem die von dir abhängige Person. Lass dir helfen.

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  • Varkey, P., Chutka, D. S., & Lesnick, T. G. (2006). The Aging Game: Improving Medical Students’ Attitudes Toward Caring for the Elderly. Journal of the American Medical Directors Association. https://doi.org/10.1016/j.jamda.2005.07.009

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