Wunschdenken: Was ist das und was sind die Folgen?

Menschen sind nicht immer logisch und rational. Manchmal täuscht uns unser Verstand und verleitet uns dazu, schlechte Entscheidungen zu treffen, die auf Voreingenommenheiten beruhen. Hier erfährst du mehr über eines der häufigsten Phänomene in diesem Kontext: Wunschdenken.
Wunschdenken: Was ist das und was sind die Folgen?
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 16. April 2023

Wir alle würden gerne glauben, dass unsere Meinungen auf logischen Kriterien beruhen und dass wir bei unseren Entscheidungen realistisch und rational sind. Aber die Wahrheit ist, dass wir voreingenommen sind und oft in das so genannte Wunschdenken verfallen.

Wenn wir uns an die Möglichkeit klammern, die uns am meisten gefällt, die uns am besten passt, und Realismus und Beweise beiseite schieben, handelt es sich um Wunschdenken. Der Glaube, dass unsere Wünsche möglich sind, dass die Realität unseren Erwartungen entspricht, fühlt sich gut an. Allerdings kann dies auch unangenehme Folgen haben.

Was ist Wunschdenken?

Wunschdenken ist ein Denken, das auf Emotionen, Wünschen und Illusionen und nicht auf Beweisen beruht. Wenn wir uns eine Meinung bilden, sollten wir dies auf der Grundlage von Fakten und soliden Argumenten tun. Und wenn wir eine Entscheidung treffen, sollten wir in der Lage sein, die verschiedenen Möglichkeiten zu analysieren und eine realistische Entscheidung zu treffen.

Aber wenn das Wunschdenken einsetzt, passiert das nicht. Stattdessen klammern wir uns an die Idee, die uns gefällt, an die Möglichkeit, die uns ein gutes Gefühl gibt. Und wir verschließen uns vor allen gegenteiligen Beweisen.

Um dieses Konzept besser zu verstehen, sollte man sich vergegenwärtigen, dass es auf den folgenden Parametern beruht.

Vorstellungskraft

Die Vorstellungskraft ist die menschliche Fähigkeit, mentale Szenarien zu entwerfen, auch wenn keine konkreten Fakten vorliegen, die sie stützen. In unserer inneren Welt können wir Bilder aller Art erzeugen und verschiedene Perspektiven und Lösungen für eine Situation durchspielen.

Beim Wunschdenken konzentrieren wir uns in die Situationen, die unseren Erwartungen entsprechen, und lassen alle anderen beiseite, die dem nicht entsprechen. Wir nehmen nur die Optionen in Betracht, die zu einem positiven Ergebnis führen würden.

Wunschdenken - Frau hört Musik und sitzt im Gras
Es ist nicht ungewöhnlich, dass man innehält und darüber nachdenkt, was man sich vorstellt, weil man es will, ohne eine solide Grundlage zu haben.

Emotionen

Anstatt sich dem Verstand zuzuwenden, basiert der Denkprozess in diesem Fall auf Emotionen. “Was ist es, das mir ein gutes Gefühl gibt? Das ist es, was wirklich ist, das ist es, was sich lohnt, und alles andere hat in meinem Kopf keinen Platz.”

Wunschvorstellungen

Diese kognitive Verzerrung tritt auf, wenn wir den Wunsch in den Mittelpunkt des Denkprozesses stellen. Man hat ein vorgegebenes Ziel und richtet die eigenen Überzeugungen, Meinungen und Entscheidungen danach aus, auch wenn die Beweise dagegen sprechen. Kurz gesagt, man hält etwas für wahr, nur weil man will, dass es wahr ist.

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Welche Auswirkungen hat Wunschdenken?

Die Wahrheit ist, dass Denken, Meinungsäußerungen und Entscheidungen, die auf den eigenen Emotionen und Wünschen basieren, nicht immer negativ sind. Es gibt bestimmte Umstände, unter denen dies sogar von Vorteil sein kann.

Wenn man beispielsweise positiv über ein Kind denkt (z. B. dass es sehr intelligent ist), wird man ihm wahrscheinlich die entsprechenden Anreize und Möglichkeiten bieten, um seinen Intellekt weiter zu entwickeln und die ursprüngliche Vorstellung zu erfüllen. Dies ist der so genannte Pygmalion-Effekt.

Das Gleiche kann in der Beziehung zum/r Partner/in passieren. Es hat sich gezeigt, dass, wenn man von seinem/r Partner/in das Beste erwartet, sich die Beziehung verbessern oder befriedigender werden wird, weil man auf der Grundlage dieser Überzeugung handelt und ein Klima des positiven Austauschs schafft.

Der Placebo-Effekt ist ebenfalls ein gutes Beispiel dafür, wie dieses Wunschdenken von Nutzen sein kann. Wenn eine Person glaubt, dass eine bestimmte Pille ihre Krankheiten heilen wird, kann es sein, dass sie sich am Ende besser fühlt.

Der Gedanke ist nicht auf der Grundlage von Beweisen entstanden, sondern aus dem Wunsch (Heilung zu erfahren) und einer Möglichkeit, die einem gefällt. Das Ergebnis ist auch in diesem Fall positiv.

Wunschdenken - Placebo-Effekt
Der Placebo-Effekt hat in der Medizin Befürworter/innen und Gegner/innen. Er ist ein weiteres Beispiel für Wunschdenken.

Die Folgen von Wunschdenken

Allerdings hat derartiges Wunschdenken nicht immer günstige Folgen. Mitunter können diese sogar schädlich und gefährlich sein.

Wunschdenken kommt nicht aus heiterem Himmel. Wie so viele andere kognitive Verzerrungen ist es das Ergebnis der Evolution.

In der Vergangenheit haben diese mentalen Abkürzungen unseren Vorfahren das Überleben ermöglicht. Deshalb sind sie auch heute noch in uns vorhanden. Allerdings können sie uns heute schaden, da wir in einer völlig anderen Umgebung und unter vollkommen anderen Umständen leben.

Daher kann das Wunschdenken zu schlechten Entscheidungen und unflexiblen, irrationalen Positionen führen. Hierfür gibt es viele Beispiele:

  • Blinde Unterstützung für eine politische Partei, die ihre Fehler komplett leugnet und ihre schlechten Taten ignoriert.
  • Das Festhalten an der Überzeugung, dass man gesund ist (oder es bald sein wird), nur weil man es sich wünscht und weil man es gerne glauben möchte, verhindert den erforderlichen Gang zum Arzt oder zur Ärztin.
  • Das Treffen schlechter geschäftlicher Entscheidungen, weil man sich von Emotionen leiten lässt und nicht von den tatsächlichen Risiken.
  • Die Annahme, dass man im eigenen Job oder in Bezug auf eine bestimmte Fähigkeit sehr gut ist, führt dazu, dass man sich in einer erfundenen Realität einrichtet und nicht danach strebt, sich wirklich zu verbessern.
  • Wenn man sich an die Vorstellung klammert, dass die andere Person sich ändert oder bald ändern wird, verbleibt man in toxischen und schädlichen Beziehungen.

Kurz gesagt, diese Denkweise, die weit von Beweisen entfernt ist und auf Wünschen beruht, kann unter Umständen zu sehr komplizierten Situationen mit ernsten Folgen führen. Deshalb ist es wichtig, dass man sich dieser Täuschungen des Verstandes bewusst wird und weiß, wie man logisch und realistisch Entscheidungen trifft.


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