Der Placeboeffekt von Lebensmitteln

Die verfügbaren Evidenzen lassen darauf schließen, dass bestimmte Nahrungsmittel einen Placeboeffekt haben. Wenn jemand glaubt, dass diese eine spezifische Wirkung aufweisen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie tatsächlich eintritt, weitaus größer.
Der Placeboeffekt von Lebensmitteln

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 29. Juli 2022

Der Placeboeffekt von Nahrungsmitteln gewinnt zunehmend an Interesse, da in den letzte Jahren auch die Ernährung selbst als entscheidende Grundlage für die Gesundheit und zur Bekämpfung von Krankheiten an Bedeutung zugenommen hat. Wir wissen alle, dass die Ernährungsform einen wichtigen Einfluss auf unser Wohlbefinden hat und auch krank machen kann. Doch auch die Scheinwirkungen dürfen in diesem Rahmen nicht vergessen werden.

Verschiedene Lebensmittel werden als magische Allheilmittel beworben. Andere hingegen sind für sehr spezifische Wirkungen bekannt, die positive gesundheitliche Einflüsse ausüben. Für manche Menschen reicht es, an diese positiven Wirkungen zu glauben, um tatsächlich davon zu profitieren.

Diese besonders vorteilhaften Wirkungen könnten also dem Placeboeffekt zu verdanken sein, den manche Lebensmittel haben. Können tatsächlich auch Lebensmittel einen Placeboeffekt auslösen, wie dies bereits bei Medikamenten ohne Wirkstoffe, Scheinoperationen oder Scheinakupunktur nachgewiesen werden konnte? Erfahre heute mehr über dieses interessante Thema.

Der Placeboeffekt

Der Placeboeffekt
Der Placeboeffekt war schon immer kontrovers. Es gibt jedoch viele Studien, welche die Vorteile von Placebos bestätigen.

Der Placeboeffekt ist bereits seit 1800 bekannt, was dem britischen Arzt John Haygarth zu verdanken ist. Seit dieser Zeit wurde er systematisch genutzt, um neue Arzneimittel zu testen und auch, um bestimmte Krankheiten zu behandeln. Von einem Placeboeffekt spricht man, wenn ein Medikament, das in Wahrheit keine Wirkstoffe enthält, heilende Wirkungen erzielt, nur weil der behandelte Patient davon ausgeht, dass ihm diese Medizin helfen wird. 

Es ist inzwischen zum Beispiel bekannt, dass teure Placebos weitaus effizienter sind als billige. Auch wenn beide nur Zucker enthalten, wirkt trotzdem die teure Version viel besser. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass rote Tabletten sehr viel wirksamer als blaue sind!

Sehr lange wurde der Placeboeffekt nur auf Suggestion zurückgeführt, und als “falsche Medizin” bezeichnet. Doch in den letzten Jahren konnte mithilfe moderner Geräte festgestellt werden, dass Placebos tatsächlich positive Effekte auf das Gehirn ausüben, welche die Heilung fördern.

Wir empfehlen auch diesen Beitrag: Gesunde Fette in der Ernährung sind lebenswichtig!

Studien über den Placeboeffekt von Lebensmitteln

Der Placeboeffekt von Lebensmitteln wird erst seit Kurzem erforscht. Zu den Pionieren zählt die Ärztin Alia Crum, klinische Psychologin und Forscherin der Columbia Business School. Eines ihrer bekanntesten Experimente hat mit der Einnahme von Kalorien zu tun: 

Einer Gruppe von Freiwilligen sagte die Ärztin, dass sie ein Malzgetränk mit 640 Kalorien trinken würden. Einer anderen Gruppe teilte sie mit, dass das Malzgetränk nur 140 Kalorien enthieltDoch in Wahrheit waren beides dieselben Getränke und hatten 340 Kalorien. Die Teilnehmer der Gruppe, die das vermeintlich kalorienreiche Getränk zu sich nahmen, fühlte sich schnell satt. Doch die andere Gruppe hatte rasch wieder Hunger.

Ein ähnliches Experiment zeigte, dass Menschen in ähnlichen Situationen sogar an Geweicht ab- oder zunehmen können. Diese und andere Studien konnten nachweisen, dass es einen Placeboeffekt in der Ernährung gibt. Die Überzeugung davon, dass ein Lebensmittel bestimmte Wirkungen ausübt, beeinflusst uns signifikant und kann diese Effekte auch tatsächlich bewirken. 

Die Macht des Placeboeffekts

Placeboeffekt von Lebensmitteln
Neuere Forschungen legen nahe, dass der Placeboeffekt auch bei Lebensmitteln seine Wirkung zeigt.

Die fortschreitenden Studien über den Placeboeffekt von Nahrungsmitteln und in den traditionellen Bereichen (Medizin, Therapien…) erzielten in den letzten Jahren faszinierende Ergebnisse. Zu den interessantesten gehört das Resultat einer Studie, die aufzeigen konnte, dass Placebos nicht nur im psychologischen Bereich, sondern auch auf molekularer und biochemischer Ebene wirken. 

In einem internationalen Kongress, der erst vor Kurzem in Leiden stattfand, wurden Magnetresonanzbilder gezeigt, in welchen die Aktivierung bestimmter Gehirnareale nach der Einnahme eines Placebos aufgezeigt wurden, nachdem der Arzt die Patienten darauf hinwies, dass es sich um ein Medikament handelte. 

Kathryn T. Hall, Molekularbiologin, und Ted J. Kaptchuk, Leiter des Studienprogramms über Placebos an der Medizinischen Fakultät von Harvard, haben in diesem Bereich interessante Erkenntnisse erreicht. Ihre Studien weisen auf Folgendes hin: 

Gene, die für die Steuerung  des Enzyms Catechol-O-Methyltransferase (COMT) zuständig sind, bestimmen, ob der Placeboeffekt größer oder geringer ist. 

Noch sind wir weit davon entfernt, alle Aspekte der Placebowirkung zu kennen. Im Allgemeinen sind in den Experimenten Placebomedikamente bei rund einem Drittel der Teilnehmer effizient. Das bedeutet, dass sie tatsächlich eine Wirkung zeigen, doch diese ist noch nicht ausreichend erforscht.

Was die Placebowirkung von Lebensmitteln anbelangtist es wichtig zu berücksichtigen, dass für uns Menschen das Essen nicht nur eine Summe von Substanzen ist, die wir einnehmen, um unseren Organismus mit Nährstoffen zu versorgen. Es hat auch symbolischen Wert und ist mit vielen Emotionen und Glaubenseinstellungen verbunden.

Aus diesem Grund, und wie auch aus dem Experiment von Alia Crum hervorging, hängt die Wirkung der Lebensmittel auf unseren Organismus sehr von unserer Einstellung zu spezifischen Produkten ab. Wenn wir glauben, dass sie uns nicht gut tun, wird das wahrscheinlich auch der Fall sein. Doch auch das Gegenteil trifft zu: Wenn wir davon überzeugt sind, dass uns bestimmte Nahrungsmittel helfen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dies tatsächlich so ist. Alles weist darauf hin, dass Nahrungsmittel einen Placeboeffekt haben.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Finniss DG, Kaptchuk TJ, Miller F, Benedetti F. Biological, clinical, and ethical advances of placebo effects. Lancet. 2010;375(9715):686–695. doi:10.1016/S0140-6736(09)61706-2
  • Ordi HG., El empleo de la técnica de sugestión e hipnósis en el control y reducción del dolor: implicaciones para la psicooncología. Psicooncologia, 2005.
  • Potthoff, J., Jurinec, N., & Schienle, A. (2019). Placebo Effects on Visual Food Cue Reactivity: An Eye-Tracking Investigation. Frontiers in Psychiatry10. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2019.00525
  • Hall KT, Loscalzo J, Kaptchuk TJ. Genetics and the placebo effect: the placebome. Trends Mol Med. 2015;21(5):285–294. doi:10.1016/j.molmed.2015.02.009

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.