Gilles-de-la-Tourette-Syndrom: Behandlung

Das Tourette-Syndrom ist eine komplexe Krankheit, die an vokalen und motorischen Tics zu erkennen ist. Es gibt dafür keine Heilung, doch verschiedene Behandlungsformen sind hilfreich. Erfahre heute mehr über dieses Thema.
Gilles-de-la-Tourette-Syndrom: Behandlung
Leonardo Biolatto

Geschrieben und geprüft von dem Facharzt Leonardo Biolatto.

Letzte Aktualisierung: 27. Mai 2022

Schätzungsweise entwickelt sich das Gilles-de-la-Tourette-Syndrom bei rund einem Prozent der Bevölkerung. Diese Krankheit ist an charakteristischen Tics zu erkennen, die sich durch unfreiwillige Bewegungen und Laute äußern.

Das Tourette-Syndrom beeinträchtigt das Leben der Betroffenen stark, und zwar im persönlichen, sozialen und beruflichen Bereich. Leider gibt es dafür keine Heilung, doch verschiedene Behandlungen können die Situation verbessern. Erfahre anschließend mehr über dieses Thema.

Was ist das Gilles-de-la-Tourette-Syndrom?

Wie bereits erwähnt, sind vokale und motorische Tics für dieses Syndrom charakteristisch. Die Betroffenen können diese Bewegungen oder Laute nicht kontrollieren. In den meisten Fällen beginnen die Symptome dieser Krankheit bereits in der Kindheit oder im Jugendalter vor dem 15. Lebensjahr.

Die Ursachen sind bislang unbekannt. Experten gehen davon aus, dass genetische sowie Umweltfaktoren dabei eine Rolle spielen. Das Tourette-Syndrom tritt nämlich häufiger auf, wenn es bereits Fälle in der Familie gibt. Außerdem entwickeln Männer diese Krankheit öfter als Frauen.

Die motorischen Tics äußern sich durch plötzliche, rasche Bewegungen, die immer wieder ausgeführt werden. Sie können einfach oder komplex sein. Bei einfachen motorischen Tics sind nur kleine Muskelgruppen betroffen, zum Beispiel Augenzwinkern. Doch an komplexen Tics sind mehrere Muskelgruppen beteiligt und die unwillkürlichen Bewegungen sind sehr auffallend.

Vokale Tics äußern sich durch das Ausstoßen bedeutungsloser Laute oder Wörter. Diese Tics können von den Betroffenen ebenfalls nicht unterdrückt werden.

Viele identifizieren das Tourette-Syndrom mit einer Krankheit, die Betroffene dazu führt, Schimpfwörter oder Beleidigungen in unpassenden Augenblicken und ohne jede Kontrolle auszusprechen. Allerdings können die vokalen Tics sehr unterschiedlich sein und müssen sich keinesfalls durch Schimpfwörter äußern.

Das Tourette-Syndrom verursacht unkontrollierbare Tics
Unfreiwillige und unkontrollierbare Bewegungen sind charakteristisch für das Tourette-Syndrom.

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Tourette-Syndrom: Medizinische Behandlungsmöglichkeiten

Viele Betroffene benötigen keine Behandlung, da sie nur an sehr leichten Symptomen leiden, die ihren Alltag praktisch überhaupt nicht beeinflussen. Allerdings kann die Ausprägung dieser Krankheit auch sehr stark sein, was eine Behandlung erforderlich macht, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. 

Verschiedene Therapieformen können helfen, die Tics besser zu kontrollieren. Dazu gehören beispielsweise spezifische Arzneimittel.

Eine Revision, die vom National Institute of Neurological Disorders and Stroke veröffentlicht wurde, bestätigt, dass bestimmte Neurotransmitter (wie Dopamin) bei dieser Krankheit eine Rolle spielen. Deshalb kommen beim Tourette-Syndrom Arzneimittel zum Einsatz, mit denen Dopamin blockiert oder reduziert werden kann. 

Beispiele dafür sind Haloperidol und Risperidon, die beide eine ärztliche Verschreibung erfordern. Diese Medikamente scheinen die Tics zu reduzieren, haben allerdings verschiedene Nebenwirkungen, wie zum Beispiel die Gewichtszunahme.

Eine weitere Möglichkeit ist die Injektion von Botox in jene Muskeln, welche die unfreiwilligen Bewegungen produzieren. Derzeit untersuchen Wissenschaftler außerdem die Auswirkungen von Antikonvulsiva wie zum Beispiel Topiramat. 

Andererseits muss berücksichtigt werden, dass Patienten mit dem Tourette-Syndrom häufig auch andere Krankheiten haben. In vielen Fällen leiden sie an Nervosität, Angst, Depression oder Zwangsstörungen. Deshalb verabreichen Ärzte oft auch Antidepressiva und Anxiolytika, um die Symptome zu lindern.

Verhaltenstherapie zur Behandlung des Tourette-Syndroms

Die Verhaltenstherapie ist eine sehr wirksame psychologische Behandlungsform, die Patienten mit dem Tourette-Syndrom helfen kann, ihre Tics besser zu kontrollieren. Dabei geht es darum, die Anzeichen zu identifizieren, die den unfreiwilligen Bewegungen vorausgehen, um dann bewusst eine andere Antwort zu generieren.

In der Verhaltenstherapie werden verschiedene Strategien umgesetzt. Sie ermöglicht es zwar, die Anzahl und die Ausprägung der Tics zu reduzieren, doch sie kann das Tourette-Syndrom nicht definitiv heilen. Außerdem wirkt diese psychologische Therapie nicht bei allen Patienten auf dieselbe Weise.

Reaktionsumkehr

Innerhalb der Verhaltenstherapie kommt oft die Reaktionsumkehr, auch als Habit Reversal Training (HRT) bekannt, sehr wirksam zum Einsatz. Es geht um ein Selbstwahrnehmungstraining, das es Betroffenen ermöglicht, bei einer Vorempfindung, die einen Tic ankündigt, eine motorische Gegenantwort zu entwickeln und so den Tic zu verhindern. Aus einer  von der Universität Miguel Hernández veröffentlichten Studie geht hervor, dass es sich um eine effektive Möglichkeit handelt, die keine Arzneimittel erfordert.

Diese Therapie umfasst unterschiedliche Phasen. Zuerst müssen Betroffene sich über ihre Tics bewusst werden und sie identifizieren können. Danach erhalten sie ein spezifisches Training, um eine Gegenantwort zu entwickeln.

Wenn der Tic die betroffene Person zum Beispiel dazu zwingt, sich mit den Händen an den Kopf zu greifen, muss sie sich zuerst über diese Bewegung bewusst werden und beobachten, wann es dazu kommt und welche Anzeichen die Bewegung ankündigen. Das neue Verhaltensmuster wäre dann, die Hände zum Beispiel zu den Knien zu führen, um die unfreiwillige Bewegung zum Kopf zu verhindern.

Behandlung Tourette-Syndrom
Die Unterstützung durch einen Psychologen ist ein wichtiger Teil der Therapie. In vielen Fällen können so Medikamente vermieden werden.

Comprehensive Beavioral Intervention for Tics (CBIT)

Eine weitere Art der Verhaltenstherapie ermöglicht die CBIT. Sie baut auf die Reaktionsumkehr auf und hilft Patienten gleichzeitig, sich zu entspannen und trainiert sie, um Tics zu reduzieren.

Diese Strategie bezieht außerdem auch nahestehende Personen mit ein, damit die Patienten Symptome einfacher reduzieren können. Wenn es sich um ein Kind im schulpflichtigen Alter handelt, werden bei dieser Methode zum Beispiel auch die Lehrer miteinbezogen.

Was du über das Tourette-Syndrom wissen solltest

Die Behandlung des Tourette-Syndroms ist komplex, vor allem bei schweren Formen dieser Krankheit, die den Alltag der Betroffenen stark beeinflussen. Noch gibt es für dieses Syndrom keine Heilung, doch verschiedene Strategien helfen, die Symptome zu kontrollieren.

Die Verhaltenstherapie hilft Betroffenen, ihre Lebensqualität zu verbessern, ohne Arzneimittel einnehmen zu müssen, die häufig starke Nebenwirkungen haben. Die psychologische Unterstützung ist grundlegend, um die unfreiwilligen Bewegungen oder Laute besser kontrollieren zu können und den Umgang mit dieser Krankheit zu erleichtern.


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