Tetrachromasie oder erweiterte Farbwahrnehmung: Was ist das?
Tetrachromasie ist ein Zustand, der viele Wissenschaftler/innen neugierig macht. Der Begriff bezieht sich auf eine visuelle Eigenschaft: Menschen oder Tiere mit Tetrachromasie haben einen stark erhöhten Sehindex.
Infolgedessen können sie bis zu 100 Millionen Farben sehen. Tetrachromasie kommt bei bestimmten Tieren vor, z. B. bei einigen Vögeln, Fischen, Insekten und Amphibien. Darüber hinaus besitzen auch einige Menschen diese Fähigkeit zur erweiterten Farbwahrnehmung. In diesem Artikel erfährst du alles Wissenswerte zu diesem faszinierenden Thema!
Wie entsteht das Farbensehen?
Bevor wir erklären, was Tetrachromie bedeutet, ist es wichtig, dass du eine grundlegende Vorstellung davon hast, wie der Sehvorgang abläuft. Die Netzhaut ist ein lichtempfindliches Gewebe auf der Rückseite des Augapfels.
Sie besteht aus verschiedenen Zellen, die Stäbchen und Zapfen haben. Das sind lichtempfindliche Zellen. Die Zapfen ermöglichen es uns, Farben zu sehen, also das chromatische Sehen.
Es gibt verschiedene Zapfentypen, je nachdem, wie sie auf Licht reagieren. Die meisten Menschen haben drei Typen. Jeder von ihnen reagiert auf Licht mit einer anderen Bandbreite. Die Informationen werden dann über den Sehnerv an die Großhirnrinde weitergeleitet.
Daher sehen die meisten Menschen trichromatisch. Eine Zapfentyp erkennt rotes Licht, ein anderer Typ blaues Licht und ein dritter Typ grünes Licht. Auf diese Weise kann man fast 1 Million Farben sehen.
Allerdings ist das bei manchen Tierarten anders. Einige Fische haben zum Beispiel einen vierten Zapfentyp, mit dem sie verschiedene Farbvarianten wahrnehmen können.
Was ist Tetrachromasie?
Tetrachromasie ist ein visueller Zustand, der es ermöglicht, etwa hundertmal mehr Farben als üblich zu erfassen. Es wird geschätzt, dass fast 12 % aller Frauen auf der Welt diese Eigenschaft haben.
Diese Menschen verfügen über einen vierten Zapfentyp. Daher werden sie als Tetrachromaten bezeichnet. Dieser vierte Zapfen ermöglicht es ihnen, einen vierdimensionalen sensorischen Farbraum zu erhalten. Das heißt, sie haben ein viel größeres sichtbares Spektrum, da sie mehr Primärfarben kombinieren können.
Im Gegensatz dazu können die übrigen Menschen nur Kombinationen mit drei Farben – Rot, Grün und Blau – bilden. Daher bezeichnet man sie als Trichromaten. Das bedeutet, dass sie nicht alle möglichen Varianten sehen können.
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Wie unterscheidet sich Tetrachromasie von anderen Formen des Sehens?
Zurzeit kennen wir verschiedene Arten des Sehens, die von den Zapfen in der Netzhaut abhängen. Die erste ist der Trichromatismus. Dies ist die häufigste Form des Sehens beim Menschen.
Das Sehvermögen kann aber auch dichromatisch sein. Dies ist die häufigste Form bei Tieren, wie z. B. Hunden. Sie sind nur für blaue und grüne Zapfen empfindlich. Darüber hinaus gibt es noch die Tetrachromasie.
Die Unterscheidung, ob eine Person trichromatisch oder tetrachromatisch ist, ist schwierig. Manchmal kann man das nur durch eine Biopsie des Netzhautgewebes feststellen.
Was verursacht Tetrachromasie?
Offenbar tritt dieses Phänomen fast ausschließlich bei Frauen auf. Das liegt daran, dass es sich um eine Variation des X-Chromosoms handelt, auf dem sich das Dichromasie-Gen befindet.
Die Gene, die für die Ausprägung der roten und grünen Zapfen verantwortlich sind, liegen auf diesem Chromosom. Da Frauen zwei X-Chromosomen haben, während Männer nur ein Chromosom besitzen, kommt es bei ihnen häufiger vor.
Folglich ist es wahrscheinlicher, dass sie zwei verschiedene Versionen dieser Gene haben. Somit können sich bei ihnen vier Zapfentypen entwickeln. Allerdings bedeutet das nicht, dass Tetrachromasie nicht auch bei Männern vorkommen kann.
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Wie kann man sie erkennen?
Bis heute gibt es keinen Test, der Tetrachromasie zuverlässig diagnostiziert. Online-Tests, die versuchen, diesen Zustand festzustellen, sind wissenschaftlich nicht bewiesen.
Das liegt daran, dass sie auf digitalen Bildschirmen durchgeführt werden, die auf RBG-Technologien basieren. Mit anderen Worten: Sie werden mit einem trichromatischen Farbdarstellungssystem erstellt. Wissenschaftler/innen versuchen jedoch, genaue Instrumente zur Diagnose zu entwickeln.
Dennoch gibt es eine Möglichkeit, Tetrachromie mit Sicherheit zu diagnostizieren. Allerdings ist dies sehr komplex, da hierfür eine Netzhautprobe erforderlich ist. Die Durchführung einer derartigen Biopsie ist sehr schwierig, da sie mit vielen Risiken für das Augenlicht des/der Patienten/in verbunden ist.
Tetrachromasie ist häufiger, als du denkst
Bei Tetrachromasie handelt es sich um eine deutlich erweiterte Farbwahrnehmung, die vor allem bei Frauen auftritt. Tetrachromaten haben neben den drei üblichen Zapfentypen noch einen vierten. Das bedeutet, dass sie über mehr Netzhautzellen verfügen, die für das Farbensehen zuständig sind.
Infolgedessen können sie fast hundertmal mehr Farben sehen als gewöhnlich. Allerdings gibt es bis heute noch keine etablierten Methoden, um diesen Zustand zu diagnostizieren.
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- Hugues, B., et al. “La visión cromática en los animales.” REDVET. Revista Electrónica de Veterinaria 9.11 (2008): 1-6.
- Coria Cancelo, Guillermo. “La visión del color en los seres humanos.” (2015).