Prokrustes-Syndrom: Intoleranz gegenüber Menschen, die sich abheben
Zu beobachten und zu imitieren, was andere um dich herum tun, kann ein Anstoß zur Selbstverbesserung und Motivation sein. Wenn dies jedoch zum Anlass für ständige Vergleiche wird, wird es zur Qual. Jemand mit dem Prokrustes-Syndrom lebt sein Leben auf diese Weise.
Das Prokrustes-Syndrom hat seinen Namen von einer Figur aus der griechischen Mythologie. Prokrustes war ein Riese, der Reisende in seinem Haus ein Bett anbot und ihnen die oberen oder unteren Gliedmaßen abschnitt, wenn sie aus dem Bett ragten. Das gibt uns schon einen Hinweis darauf, was im Mittelpunkt dieses Syndroms steht: Es stört das, was herausragt, was Aufmerksamkeit erregt.
Dieses Syndrom kann mehrere Ursachen haben. Zum Beispiel, wenn uns in der Erziehung Zuneigung und Nähe vorenthalten wurden, während unser Geschwisterkind die Hauptrolle spielte. So kann der Grundstein dafür gelegt werden, dass wir denken, es gäbe nicht genug für alle. Deshalb werden andere zu potenziellen Konkurrenten.
Merkmale einer Person mit Prokrustes-Syndrom
Es lohnt sich klarzustellen, dass alle Menschen irgendwann im Leben Neid oder Eifersucht auf andere empfinden können. Das Prokrustes-Syndrom zeichnet sich dadurch aus, dass es sich um eine verallgemeinerte Situation handelt, die ständig und sogar bei mehreren Personen auftritt.
Einige der Merkmale, an denen sich dieses Syndrom erkennen lässt, sind die folgenden:
- Menschen mit dem Prokrustes-Syndrom sagen häufig einfach “Nein”. Ein Kollege oder eine Kollegin hat vielleicht eine großartige Lösung für ein Problem vorgeschlagen, aber sie antworten, dass die Idee nicht angemessen oder nicht neu ist. Mit anderen Worten: Sie nutzen jede Möglichkeit und sind um keine Ausrede verlegen, um andere zu diskreditieren.
- Oftmals verursachen sie Konflikte oder verhalten sich respektlos. Sie kommunizieren in der Regel nicht durchsetzungsfähig und haben schlechte Manieren. Sie boykottieren die Initiativen anderer.
- Darüber hinaus haben sie eine geringe Frustrationstoleranz. Wenn andere Recht haben oder bessere Ideen vorbringen, können sie dies nicht tolerieren.
- Sie sind in der Lage, auch gegen ihre eigene Überzeugung zu handeln, nur um der Person zu widersprechen, die sie als Bedrohung ansehen.
- Es fällt ihnen schwer, die Meinung anderer Menschen zu akzeptieren. Deshalb ist es für sie sehr schwierig, in einer Gruppe zu arbeiten.
- Außerdem handelt es sich um sehr rigide und unflexible Menschen, die sich nur schwer an Veränderungen anpassen können und die sich in ihren eigenen absoluten Wahrheiten ausdrücken und leben.
Ursachen und Folgen
Einer der ersten Gründe, warum es uns stört, dass eine andere Person überragend ist, hat mit einem geringen Selbstwertgefühl zu tun. Deshalb fühlen wir uns bedroht.
Unsicherheit überkommt uns und wir haben Angst, in ihrem Schatten zu stehen. Das wirkt sich auf die Arbeit, Beziehungen und die Familie aus.
Letztlich beeinträchtigt das Prokrustes-Syndrom die zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir sind nicht in der Lage, uns authentisch mit anderen zu verbinden. Wir vermeiden es, anderen mitzuteilen, was mit uns passiert, und gehen auf Distanz.
All dies bedeutet auch einen enormen Energieaufwand. Wir sind ständig in Alarmbereitschaft. Natürlich wird auch unsere psychische Gesundheit beeinträchtigt, da wir von Bitterkeit, Wut und Pessimismus erfüllt sind.
Im Arbeitsumfeld ist das Prokrustes-Syndrom sehr schädlich. Vor allem, wenn die Person eine Führungsposition innehat. Denn ein derartiges Verhalten führt zu großer Demotivation bei den Beschäftigten.
Ebenfalls lesenswert: Die “gläserne Decke”: Was ist das und warum müssen wir sie durchbrechen?
Wie lässt sich das Prokrustes-Syndrom überwinden?
Einige der Schlüssel zur Überwindung des Prokrustes-Syndroms sind die folgenden:
- Nimm nicht persönlich, was die andere Person sagt. Die Annahme, dass alles gegen uns gerichtet ist, ist ein Vorurteil. Es ist gut, sich Fragen zu stellen wie : “Ist es möglich, dass ich das, was er/sie zu mir gesagt hat, überbewerte?”. Auf diese Weise kann man die eigenen Vorurteile hinterfragen.
- Finde gute Lösungen für alle Beteiligten. Wenn zum Beispiel in einem Arbeitsumfeld zwei Personen an der Ausarbeitung eines Projekts beteiligt sind, ist es möglich, die Präsentation in gleiche Teile aufzuteilen, sodass beide die Ergebnisse vorstellen können. Auf diese Weise lassen sich Situationen vermeiden, in denen einer das Gefühl bekommt, dass der andere ihn oder sie in den Schatten stellen will.
- Erkenne deine Stärken und lerne, dich auf andere zu verlassen, um deine Schwächen zu verbessern. Es ist wichtig zu erkennen, dass alle Menschen in einem Job, in einem Team oder in einer Beziehung etwas beizutragen haben. Deshalb musst du herausfinden, was du in den Bereichen, an denen du teilnimmst, zu bieten hast. Gleichzeitig kannst du dich anderen öffnen, um zu lernen, wie sie Probleme lösen und was sie in Situationen tun, die für sie schwierig sind.
Dieser Artikel könnte dich auch interessieren: Der Forer-Effekt: Glaubst du an Horoskope oder Wahrsager?
Je mehr wir uns auf andere konzentrieren, desto weniger bleiben wir bei uns selbst
Das Prokrustes-Syndrom schadet enorm, da man nicht nur eine negative und pessimistische Einstellung gegenüber anderen aufrechterhält, sondern sich auch von sich selbst ablenken lässt. Wir vergessen uns selbst und vernachlässigen die Arbeit an unseren Stärken und die Verbesserung unserer Schwächen.
Auf diese Weise bleiben wir begrenzt und blockieren unser Wachstum. Man fokussiert sich nur noch darauf, wie man die andere Person herabsetzen, wie man sie in Verlegenheit bringen kann. So verschließen wir uns dem Austausch, wir stellen uns taub für alles, was von der anderen Seite kommt. Wir verharren in der Selbsttäuschung, als ob wir als Einzige die richtige Antwort wüssten. Daher solltest du sehr vorsichtig sein! Denn durch die eigene Arroganz und Selbstüberschätzung kann man viele Fehler begehen.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Young, Pablo. (2018). Síndrome de Procusto en la Medicina. Revista médica de Chile, 146(7), 943-944. https://dx.doi.org/10.4067/s0034-98872018000700943
- Tamez Osollo, A. I. (2016). Integración de modelo cognitivo-conductual y terapia centrada en soluciones en un caso de falta de asertividad y baja autoestima (Doctoral dissertation, Universidad Autónoma de Nuevo León).
- Llácer, B. G., & Julián, R. M. (2015). Celos y envidia en el trabajo: una revisión de los últimos 20 años. Apuntes de Psicología, 33(3), 127-136.
-
GIRBÉS LLÁCER, B., & MARTÍN JULIÁN, R. (2016). Celos y envidia en el trabajo: una revisión de los últimos 20 años. APUNTES DE PSICOLOGÍA, 33(3), 127–136. Recuperado a partir de https://apuntesdepsicologia.es/index.php/revista/article/view/569