Psilocybin gegen Depressionen: Welche Wirkung hat es?

Klinische Studien haben ergeben, dass Psilocybin ein Potenzial für die Behandlung von Depressionen hat. Wie wird es gewonnen und wie wird es verwendet?
Psilocybin gegen Depressionen: Welche Wirkung hat es?
Franciele Rohor de Souza

Geprüft und freigegeben von der Apothekerin Franciele Rohor de Souza.

Geschrieben von Daniela Echeverri Castro

Letzte Aktualisierung: 15. Januar 2023

Die Wirkung von Psilocybin gegen Depressionen ist in den letzten Jahren Gegenstand der Forschung gewesen. Dieser psychedelische Wirkstoff ist in den sogenannten “Magic Mushrooms” (Psilocybe cubensis) enthalten, von denen es schätzungsweise 100 Arten gibt.

Eine kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlichte Studie deutet darauf hin, dass diese Substanz ein therapeutisches Potenzial gegen die Symptome von schweren Depressionen und anderen Stimmungsstörungen hat. Ihre Verwendung ist jedoch durch rechtliche und sicherheitstechnische Probleme eingeschränkt. Nachfolgend erfährst du alle Einzelheiten.

Was ist Psilocybin?

Psilocybin ist neben Psilocin einer der Hauptbestandteile von Magic Mushrooms. Es wird als “psychedelisch” eingestuft, da es nach dem Konsum Halluzinationen und andere psychoaktive Wirkungen hervorruft.

Darüber hinaus ist es eine Substanz, der man aufgrund ihrer stimulierenden Wirkung auf das Gehirn therapeutische Eigenschaften zuschreibt. Und obwohl seine Verwendung auf indigene Traditionen zurückgeht, ist es in den letzten Jahren zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung geworden.

So haben Forscher/innen beobachtet, dass seine Aufnahme die Aktivität im medialen präfrontalen Kortex und im posterioren cingulären Kortex verringert, was zur Kontrolle von depressiven Zuständen beiträgt.

In der Medizin der Ureinwohner werden psilocybinhaltige Pilze vor der Verwendung getrocknet. Die Einnahme erfolgt dann in Mischungen mit Nahrungsmitteln oder Getränken. Ihre Wirkung setzt nach bis zu 30 Minuten ein und hält bis zu 6 Stunden an.

Wie bei anderen Halluzinogenen ist die klinische Verwendung von Psilocybin durch den Controlled Drugs and Substances Act eingeschränkt. Es gehört zu den Schedule 1-Drogen, was bedeutet, dass ein hohes Missbrauchsrisiko besteht. Aus diesem Grund ist die medizinische Anwendung in den Vereinigten Staaten seit langem nicht mehr zugelassen.

Dennoch wurden in den letzten Jahren wieder vermehrt Studien über seine pharmakologischen Wirkungen durchgeführt, deren Ergebnisse seine Verwendung mit positiven Wirkungen bei Depressionen, Angstzuständen, Magersucht, Zwangsstörungen und verschiedenen Formen des Drogenmissbrauchs in Verbindung bringen.

Aufgrund der in mehreren klinischen Studien gesammelten Beweise hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) Psilocybin als “bahnbrechende Therapie” gegen schwere Depressionen eingestuft.

Psilocybin gegen Depressionen - Magic Mushrooms
Psilocybe cubensis

Die Forschung zu Psilocybin gegen Depressionen

Das Potenzial von Psilocybin als Hilfsmittel in der Psychiatrie wird seit den 1950er-Jahren untersucht. Seitdem haben Forscherinnen und Forscher festgestellt, dass diese Substanz antidepressive Eigenschaften hat, die die Behandlung verschiedener psychiatrischer Störungen unterstützen können.

Einschränkungen bei der Durchführung von Forschungen traten 1970 auf, nachdem die Substanz auf Schedule 1 des Controlled Drugs and Substances Act gesetzt wurde. Dadurch wurden die Bundesmittel für die Forschung eingeschränkt, was lange Zeit Versuche und Studien verhinderte.

Doch nach einer Reihe von Experimenten im Jahr 2012 interessierten sich der Forscher Robin Carhart-Harris und sein Team am Imperial College in London erneut für die Bewertung des therapeutischen Potenzials von Psilocybin. So wurden 2016 vielversprechende klinische Studien durchgeführt.

Die in der Zeitschrift The Lancet Psychiatry veröffentlichte Studie berichtet, dass zwei Dosen Psilocybin zusammen mit einer psychiatrischen Therapie die Symptome von Depressionen deutlich verringern können. Außerdem stellten die Forscher/innen fest, dass es zu bemerkenswerten, anhaltenden Verbesserungen bei Angstzuständen und Anhedonie führt.

Für die Studie untersuchten die Forscher/innen die Auswirkungen von Psilocybin bei einer Gruppe von 12 Patient/innen mit schweren Depressionen (sechs Männer und sechs Frauen). Sie erhielten im Abstand von 7 Tagen orale Dosen der Substanz in einer Dosierung von 10 mg und 25 mg. Zusätzlich wurde vor, während und nach jeder Einnahme psychologische Unterstützung angeboten. Die Auswertung der depressiven Symptome erfolgte zwischen 1 Woche und 3 Monaten nach der Behandlung.

Alle Patient/innen wiesen eine erhebliche Verringerung der depressiven Symptome auf.

Neuere Studien

Die jüngsten Studien zu Psilocybin gegen Depressionen bestätigen sein Potenzial als Antidepressivum. In einem Forschungsbericht im Journal of Psychopharmacology wurde berichtet, dass eine Behandlung mit Psilocybin die Linderung von schweren Depressionen begünstigt, wobei die Wirkung bis zu 12 Monate anhält.

Darüber hinaus berichtet das  New England Journal of Medicine, dass eine Einzeldosis einer synthetischen Version von Psilocybin bei Menschen mit einer behandlungsresistenten Version der Krankheit die depressiven Symptome unter Kontrolle halten kann. Letzteres ist der Fall, wenn die Wirkung der üblichen Antidepressiva ausbleibt.

An der jüngsten Studie nahmen 223 Patient/innen teil, die mit Dosen von 1 Milligramm, 10 Milligramm und 25 Milligramm behandelt wurden. Am Ende erwies sich die stärkste Dosis, 25 Milligramm, als am wirksamsten und die Wirkung hielt bis zu drei Monate an.

Psilocybin gegen Depressionen: Risiken und Nebenwirkungen

Die meisten gesunden Erwachsenen wiesen eine gute Verträglichkeit von Psilocybin auf, wenn die Einnahme in kontrollierter Umgebung in ein oder zwei Dosen erfolgte. Dennoch sollte man nicht außer Acht lassen, dass diese Substanz verschiedene Nebenwirkungen haben kann. Diese können leicht oder mittelschwer sein und umfassen Folgendes:

  • Übelkeit
  • Paranoia
  • Halluzinationen
  • Kopfschmerzen
  • Verwirrung und Angst
  • Muskelschwäche
  • Hoher Blutdruck
  • Mangelnde Koordination
  • Veränderung des Herzrhythmus

Die Einnahme empfiehlt sich nicht bei Patient/innen mit psychischen Erkrankungen wie z. B. Schizophrenie, da dies die Symptome verschlimmern könnte. Es sollte auch nicht gleichzeitig mit serotonergen und anderen stimulierenden Medikamenten eingenommen werden.

Darüber hinaus sollte der Freizeitkonsum von psilocybinhaltigen Pilzen vermieden werden. Dies liegt daran, dass die Psilocybinmenge von Spezies zu Spezies variieren kann, was es schwierig macht, die Intensität und Dauer der endgültigen Wirkung zu bestimmen.

Da die Einnahme nicht in einer kontrollierten Umgebung erfolgt, erhöht sich hierbei die Wahrscheinlichkeit unerwünschter Reaktionen.

Ganz zu schweigen davon, dass diese Pilze ähnliche Eigenschaften wie Giftpilze haben, was das Risiko einer Vergiftung und schwerwiegenderer Folgen wie Organschäden oder sogar den Tod erhöht.

Psilocybin gegen Depressionen - Frau bei einer Therapeutin
In einer kontrollierten Umgebung und mit einer unterstützenden Therapie kann der Konsum der Substanz sicher sein. Andernfalls sind die Risiken hoch.

Was ist bei der Psilocybin-Therapie zu beachten?

Das antidepressive Potenzial der Psilocybin-Therapie wurde durch einige aktuelle klinische Studien bestätigt. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass es sich um eine Substanz handelt, deren Wirkung noch untersucht wird. Es gibt nicht genug Beweise, um sie als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung von Depressionen zu betrachten.

Einige Unternehmen entwickeln derzeit kommerzielle Formen von Psilocybin. Und obwohl einige US-Bundesstaaten die therapeutische Verwendung von Psilocybin legalisieren, steht die Substanz nach wie vor auf Liste I des Controlled Substances Act.

Dennoch warnen Expert/innen, dass Patient/innen mit Depressionen sich nicht selbst mit Psilocybin durch die Einnahme von Magic Mushrooms oder Nahrungsergänzungsmitteln therapieren sollten. Da die Dosierung nicht kontrolliert wird, besteht ein hohes Risiko unerwünschter Wirkungen.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Bienemann B, Ruschel NS, Campos ML, Negreiros MA, Mograbi DC. Self-reported negative outcomes of psilocybin users: A quantitative textual analysis. PLoS One. 2020 Feb 21;15(2):e0229067. doi: 10.1371/journal.pone.0229067. PMID: 32084160; PMCID: PMC7034876.
  • Carhart-Harris, R. L., Bolstridge, M., Rucker, J., Day, C. M. J., Erritzoe, D., Kaelen, M., Bloomfield, M., Rickard, J. A., Forbes, B., Feilding, A., Taylor, D., Pilling, S., Curran, V. H., & Nutt, D. J. (2016). Psilocybin with psychological support for treatment-resistant depression: an open-label feasibility study. In The Lancet Psychiatry (Vol. 3, Issue 7, pp. 619–627). Elsevier BV. https://doi.org/10.1016/s2215-0366(16)30065-7
  • Daws, R.E., Timmermann, C., Giribaldi, B. et al. Increased global integration in the brain after psilocybin therapy for depression. Nat Med 28, 844–851 (2022). https://doi.org/10.1038/s41591-022-01744-z
  • Eisenstein M. The psychedelic escape from depression. Nature. 2022 Sep;609(7929):S87-S89. doi: 10.1038/d41586-022-02872-9. PMID: 36171370.
  • Goodwin GM, Aaronson ST, Alvarez O, Arden PC, Baker A, Bennett JC, Bird C, Blom RE, Brennan C, Brusch D, Burke L, Campbell-Coker K, Carhart-Harris R, Cattell J, Daniel A, DeBattista C, Dunlop BW, Eisen K, Feifel D, Forbes M, Haumann HM, Hellerstein DJ, Hoppe AI, Husain MI, Jelen LA, Kamphuis J, Kawasaki J, Kelly JR, Key RE, Kishon R, Knatz Peck S, Knight G, Koolen MHB, Lean M, Licht RW, Maples-Keller JL, Mars J, Marwood L, McElhiney MC, Miller TL, Mirow A, Mistry S, Mletzko-Crowe T, Modlin LN, Nielsen RE, Nielson EM, Offerhaus SR, O’Keane V, Páleníček T, Printz D, Rademaker MC, van Reemst A, Reinholdt F, Repantis D, Rucker J, Rudow S, Ruffell S, Rush AJ, Schoevers RA, Seynaeve M, Shao S, Soares JC, Somers M, Stansfield SC, Sterling D, Strockis A, Tsai J, Visser L, Wahba M, Williams S, Young AH, Ywema P, Zisook S, Malievskaia E. Single-Dose Psilocybin for a Treatment-Resistant Episode of Major Depression. N Engl J Med. 2022 Nov 3;387(18):1637-1648. doi: 10.1056/NEJMoa2206443. PMID: 36322843.
  • Gukasyan N, Davis AK, Barrett FS, Cosimano MP, Sepeda ND, Johnson MW, Griffiths RR. Efficacy and safety of psilocybin-assisted treatment for major depressive disorder: Prospective 12-month follow-up. J Psychopharmacol. 2022 Feb;36(2):151-158. doi: 10.1177/02698811211073759. PMID: 35166158; PMCID: PMC8864328.
  • Lowe H, Toyang N, Steele B, Valentine H, Grant J, Ali A, Ngwa W, Gordon L. The Therapeutic Potential of Psilocybin. Molecules. 2021 May 15;26(10):2948. doi: 10.3390/molecules26102948. PMID: 34063505; PMCID: PMC8156539.
  • Carhart-Harris, R., Goodwin M., (2017). The Therapeutic Potential of Psychedelic Drugs: Past, Present, and Future. Neuropsychopharmacology. Doi: 10.1038/npp.2017.84

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.