Berberin oder Ozempic zur Gewichtsabnahme?

Viele bezeichnen Berberin als "natürliches Ozempic" und verwenden es zum Abnehmen. Doch was steckt dahinter?
Berberin oder Ozempic zur Gewichtsabnahme?
Leonardo Biolatto

Geprüft und freigegeben von dem Facharzt Leonardo Biolatto.

Geschrieben von babel

Letzte Aktualisierung: 30. Juni 2023

Berberin liegt auf TikTok im Trend: Diese bioaktive Substanz ist für ihre antidiabetische Wirkung bekannt und soll sich auch positiv auf den Blutdruck und den Lipidstoffwechsel auswirken. Viele bezeichnen dieses Nahrungsergänzungsmittel als “natürliches Ozempic” und verwenden es zum Abnehmen. Doch was steckt dahinter? Hält Berberin tatsächlich, was es verspricht? Welche Wirkungen und Risiken hat dieses Alkaloid?

Berberin: Was ist das?

Berberin ist unter anderem in der Berberitze (auch Sauerdorn oder Essigbeere) zu finden. Dieses Nahrungsergänzungsmittel wird aus den Wurzeln, Rinden, Stängel und Früchten dieser Pflanze hergestellt und kommt in der chinesischen Medizin sowie in der europäischen Volksmedizin schon lange zum Einsatz.

Ein Artikel der Zeitschrift Molecules weist darauf hin, dass dieses Alkaloid Arteriosklerose, Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit vorbeugen kann. Ferner soll sich Berberin positiv bei entzündlichen Krankheiten und Veränderungen der Mikrobiota auswirken. Außerdem wird es in der Prävention gegen Herz-Kreislauf-Krankheiten und Krebs verwendet.

Berberin wird zudem als Wundermittel zum Abnehmen gehandelt. Häufig wird es mit Ozempic verglichen, einem Diabetes-Arzneimittel, das bei Typ-2-Diabetes unter ärztlicher Verschreibung zum Einsatz kommt.

Wie unterscheiden sich Berberin und Ozempic?

Diese beiden Wirkstoffe haben sehr unterschiedlichen Mechanismen. Ozempic ist ein GLP-1-Rezeptoragonist, der wie das Hormon GLP-1 die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse erhöht, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Da Ozempic den Appetit zügelt, verwenden es viele als Diät-Mittel. Diese “Abnehmspritze” wirkt sättigend und verlangsamt die Magenentleerung.

Berberin aktiviert das AMPK-Systemdas wiederum verschiedene biochemische Aktivitäten wie die Blutfettwerte und den Glukosehaushalt reguliert. Bewegungsmangel und eine erhöhte Kalorienaufnahme hemmen das Enzym AMPK. Außerdem stimuliert Berberin die Insulinausschüttung und hemmt die Produktion von Glucagon, was sich positiv auf das Gewicht auswirkt.

Die Food and Drug Administration (FDA) lässt jedoch Berberin nicht zur Gewichtsabnahme zu, da dieses Substanz unerwünschte Nebenwirkungen auslösen könnte.

Berberitze enthält Berberin
Berberis vulgaris

Ozempic und Berberin zur Gewichtsabnahme

Beide Wirkstoffe können zur Gewichtsabnahme beitragen und insbesondere Menschen mit Adipositas und Typ-2-Diabetes helfen. Eine in der Fachzeitschrift JAMA Network veröffentlichte klinische Studie berichtet, dass übergewichtige und fettleibige Patienten, die eine Dosis von 2,4 Milligramm Semaglutid (Wirkstoff in Ozempic) erhielten, in 12 Wochen bis zu 6 % und nach 28 Wochen bis zu 12 % an Gewicht verloren.

Berberin wurde unterdessen als Mittel gegen das metabolische Syndrom untersucht. Ein Bericht in der Zeitschrift American Journal of Translational Research macht deutlich, dass diese Substanz ein potenzielles Therapeutikum gegen Insulinresistenz, Dyslipidämie und Fettleibigkeit ist.

In einer in Clinical Nutrition ESPEN veröffentlichten Übersichtsstudie heißt es, dass die Einnahme von Berberin das Körpergewicht, den Body-Mass-Index und  Bauchfett reduzieren kann. Daher wird es mit einer Verbesserung der klinischen Symptome von Stoffwechselkrankheiten in Verbindung gebracht.

Was ist also besser für die Gewichtsabnahme?

An dieser Stelle ist es notwendig klarzustellen, dass weder Ozempic noch Berberin Wundermittel zur Gewichtsabnahme sind. Die Art und Weise, wie sie in sozialen Medien beworben werden, hat viele zu der Annahme verleitet, dass diese Substanzen problemlos eingenommen werden können. Die Wahrheit ist davon weit entfernt.

Bisher gibt es vorwiegend Studien an Tieren und nur wenige an Menschen. Deshalb sind unbedingt weitere Forschungen nötig, um Wirkungen und Nebenwirkungen zu untersuchen. Außerdem wurden beide Substanzen hauptsächlich im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom (Diabetes, Fettleibigkeit und Dyslipidämie) untersucht. Die Wirkung in anderen Zusammenhängen ist nicht ausreichend erforscht.

Ozempic ist nur für die Anwendung bei Patienten mit Typ-2-Diabetes zugelassen, und Berberin ist von der Food and Drug Administration (FDA) nicht als verschreibungspflichtiges Medikament zugelassen.

Risiken der Einnahme von Berberin

Viele glauben, dass Berberin aufgrund seines natürlichen Ursprungs keine Nebenwirkungen wie Ozempic verursacht. Diese Substanz kann jedoch als Nahrungsergänzungsmittel unter anderem folgende unerwünschten Symptome auslösen:

  • Durchfall
  • Blähungen
  • Verstopfung
  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Magenkrämpfe

Diese Symptome verschwinden oft, sobald sich der Körper an eine bestimmte Dosis gewöhnt (in der Regel bis zu 1,5 g täglich aufgeteilt in drei Dosen).

Die Einnahme von Berberin über einen Zeitraum von mehr als acht Wochen empfiehlt sich nicht.

Die antimikrobielle Wirkung von Berberin kann negative Veränderungen des Darmmikrobioms zur Folge haben und deshalb Verdauungsprobleme verursachen.

Weitere Kontraindikationen sind:

  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Gleichzeitige Einnahme von Medikamenten (orale Verhütungsmittel, Immunsuppressiva, Betablocker oder Antidepressiva).

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Weder Berberin noch Ozempic sind Allheilmittel zur Gewichtsabnahme

Das therapeutische Potenzial von Berberin und Ozempic bei der Gewichtsabnahme muss besser untersucht werden. In beiden Fällen wurden Vorteile bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, Übergewicht oder Fettleibigkeit beobachtet. Beide Substanzen sollten jedoch nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Außerdem erinnern wir daran, dass sie keine Allheilmittel sind und die Auswirkungen eines ungesunden Lebensstils nicht ausgleichen können.

Generell erfordert die Gewichtsabnahme einen multidisziplinären und individuellen Ansatz: Veränderte Essgewohnheiten, Bewegung, emotionaler Ausgeleich und mögliche Grunderkrankungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Lasse dich immer von einer erfahrenen Ärztin oder einem Arzt beraten und begleiten.


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